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Die feudale Produktionsweise

1. Die Entstehung des Feudalismus.
2. Die Produktionsverhältnisse der Feudalgesellschaft. Die Ausbeutung der Bauern durch die Feudalherren.
3. Die mittelalterliche Stadt. Die Handwerkszünfte. Die Kaufmannsgilden.
4. Die Klassen und Stände der Feudalgesellschaft. Die feudale Hierarchie.
5. Die Entwicklung der Produktivkräfte der Feudalgesellschaft.
6. Entstehung der kapitalistischen Produktion im Schoße der Feudalordnung. Die Rolle des Handelskapitals.
7. Die Aufstände der leibeigenen Bauern. Die bürgerlichen Revolutionen. Der Untergang der Feudalordnung.
8. Die ursprüngliche Akkumulation des Kapitals. Die gewaltsame Verjagung der Bauern vom Grund und Boden. Die Anhäufung von Reichtümern.
9. Die ökonomischen Anschauungen der Epoche des Feudalismus
10. Kurze Zusammenfassung

1. Die Entstehung des Feudalismus.

Die Feudalordnung bestand, mit diesen oder jenen Besonderheiten, in fast allen Ländern.

Die Epoche des Feudalismus umfasst eine lange Periode. In China bestand die Feudalordnung mehr als zweitausend Jahre. In den Ländern Westeuropas erstreckte sich der Feudalismus über Jahrhunderte, vom Untergang des Römischen Reiches (5. Jahrhundert) bis zu den bürgerlichen Revolutionen in England (17. Jahrhundert) und in Frankreich (18. Jahrhundert); in Russland bestand der Feudalismus vom 9. Jahrhundert bis zur Bauernreform 1861, in Transkaukasien vom 4. Jahrhundert bis in die siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts, bei den Völkern Mittelasiens vom 7./8. Jahrhundert bis zum Sieg der proletarischen Revolution in Russland.

In Westeuropa entstand der Feudalismus auf der Grundlage des Zerfalls der römischen Sklavenhaltergesellschaft einerseits und der Auflösung der Gentilordnung bei den Erobererstämmen anderseits; er entstand im Ergebnis des wechselseitigen Aufeinanderwirkens dieser beiden Prozesse.

Die Elemente des Feudalismus entstanden, wie bereits dargelegt wurde, schon im Schoß der Sklavenhaltergesellschaft in Gestalt des Kolonats. Die Kolonen mussten den Boden ihres Herrn, des Großgrundbesitzers, bearbeiten, mussten ihm eine bestimmte Geldsumme zahlen oder einen bedeutenden Teil der Ernte abgeben und Frondienste verschiedener Art leisten. Und dennoch waren die Kolonen an der Arbeit mehr interessiert als die Sklaven, da sie eine eigene Wirtschaft hatten. Somit bildeten sich neue Produktionsverhältnisse heraus, die sich in der Epoche des Feudalismus voll entwickelten.

Das Römische Reich wurde von Stämmen der Germanen, Gallier, Slawen und anderer Völker zerstört, die in verschiedenen Teilen Europas lebten. Die Macht der Sklavenhalter wurde gestürzt, die Sklaverei trat ab.

Die großen, auf Sklavenarbeit beruhenden Latifundien und Handwerksstätten zerfielen in kleine Teile. Die Bevölkerung des zerfallenen Römischen Reiches bestand aus Großgrundbesitzern (den früheren Sklavenhaltern, die zu dem System des Kolonats übergegangen waren), aus befreiten Sklaven, Kolonen, Kleinbauern und Handwerkern.

Bei den Erobererstämmen bestand zur Zeit der Unterwerfung Roms die Gentilverfassung, die sich im Stadium des Zerfalls befand. Eine große Rolle im gesellschaftlichen Leben dieser Stämme spielte die Dorfgemeinschaft, die bei den Germanen Mark genannt wurde. Der Boden, mit Ausnahme der großen Landbesitzungen des Stammesadels, war Gemeindeeigentum. Die Waldungen, das Brachland, die Weiden und Teiche wurden gemeinsam genutzt. Die Felder und Wiesen wurden jeweils nach einigen Jahren unter die Mitglieder der Gemeinschaft neu aufgeteilt.

Die kriegerischen Eroberungen beschleunigten die Auflösung der Gentilverfassung der Gesellschaft. Die Stämme, die das Römische Reich unterwarfen, ergriffen Besitz von dem größten Teil der staatlichen Ländereien und von einem Teil des Bodens der privaten Großgrundbesitzer. Die Waldungen, die Wiesen und Weiden blieben in gemeinsamer Nutzung, das Ackerland aber wurde unter die einzelnen Wirtschaften aufgeteilt. Der aufgeteilte Boden wurde in der Folgezeit Privateigentum der Bauern. So bildete sich die große Schicht der selbständigen Kleinbauernschaft heraus.

Doch die Bauern vermochten ihre Unabhängigkeit nicht lange zu wahren. Auf der Grundlage des Privateigentums am Grund und Boden und an anderen Produktionsmitteln musste sich die Vermögensungleichheit zwischen den einzelnen Mitgliedern der Dorfgemeinschaft vertiefen. Unter den Bauern bildeten sich wohlhabende und arme Familien heraus. Die reich gewordenen Mitglieder der Dorfgemeinschaft begannen mit der zunehmenden Vermögensungleichheit die Macht über die Gemeinde zu erlangen. Der Grund und Boden konzentrierte sich in den Händen der reichen Familien und wurde zu einem Gegenstand des Raubs durch den Stammesadel und die Heerführer. Die Bauern gerieten in persönliche Abhängigkeit von den Großgrundbesitzern.

Um die Macht über die abhängigen Bauern zu behaupten und zu festigen, mussten die großen Grundeigentümer die Organe der Staatsmacht stärken. Die Heerführer begannen, gestützt auf den Stammesadel und die Gefolgsleute, die Macht in ihren Händen zu konzentrieren; sie wurden zu Königen, zu Monarchen.

Auf den Trümmern des Römischen Reiches entstand eine Reihe neuer Staaten, an deren Spitze Könige standen. Die Könige verteilten freigebig den von ihnen geraubten Boden an ihre Vertrauten zur Nutzung auf Lebenszeit, später als erblichen Besitz. Diese mussten dafür Kriegsdienst leisten. Viel Boden erhielt die Kirche, die eine wichtige Stütze der Königsmacht war. Der Boden wurde von den Bauern bearbeitet, die jetzt für ihre neuen Herren verschiedene Frondienste leisten mussten. Riesige Grundbesitzungen gingen in die Hände der königlichen Gefolgsleute und Diener, der Kirche und der Klöster über.

Die Land, das zu diesen Bedingungen verteilt wurde, hießen feudum. Hiervon stammt die Bezeichnung für die neue Gesellschaftsordnung – Feudalismus.

Die allmähliche Umwandlung des Bauernlandes in Eigentum der Feudalherren und die Verwandlung der Bauernmassen in Leibeigene (der Prozess der Feudalisierung) nahm in Europa mehrere Jahrhunderte in Anspruch (vom 5./6. Jahrhundert bis zum 9./10. Jahrhundert). Die freie Bauernschaft wurde durch den ununterbrochenen Kriegsdienst, durch Plünderungen und Abgaben ruiniert. Die Bauern wandten sich an den Großgrundbesitzer um Hilfe und wurden damit von ihm abhängig. Häufig waren die Bauern gezwungen, sich unter die „Schutzherrschaft“ eines Feudalherrn zu begeben: Anders konnte ein wehrloser Mensch unter den Verhältnissen der ununterbrochenen Kriege und Raubzüge nicht existieren. In diesen Fällen ging das Eigentumsrecht an dem Landstück an den Feudalherrn über, und der Bauer durfte dieses Stück Land nur dann bearbeiten, wenn er verschiedene Frondienste für den Feudalherrn leistete. In anderen Fällen bemächtigten sich die königlichen Statthalter und Beamten durch Betrug und Gewalt des Bodens der freien Bauern und zwangen sie, ihre Macht anzuerkennen.

In den verschiedenen Ländern vollzog sich der Prozess der Feudalisierung auf verschiedene Weise, doch sein Wesen war überall das gleiche: die früher freien Bauern gerieten in persönliche Abhängigkeit von den Feudalherren, die sich ihres Bodens bemächtigt hatten. Diese Abhängigkeit war manchmal schwächer, manchmal stärker. Mit der Zeit verwischten sich die Unterschiede in der Stellung der ehemaligen Sklaven, Kolonen und freien Bauern; sie alle verschmolzen zu der einheitlichen Masse der leibeigenen Bauernschaft. Allmählich bildete sich eine Lage heraus, wie sie durch ein mittelalterliches Sprichwort gekennzeichnet ist: „Kein Boden ohne Senior“ (d.h. ohne Feudalherrn). Die obersten Grundeigentümer waren die Könige.

Der Feudalismus war eine notwendige Stufe in der historischen Entwicklung der Gesellschaft. Die Sklaverei hatte sich überlebt. Unter diesen Bedingungen war eine weitere Entwicklung der Produktivkräfte nur möglich auf Grundlage der Arbeit der Masse der abhängigen Bauern, die eine eigene Wirtschaft, eigene Produktionsinstrumente besaßen und an der Arbeit ein gewisses Interesse hatten, das notwendig war, um den Boden zu bearbeiten und dem Feudalherrn Tribut in Naturalien aus der eigenen Ernte zu entrichten.

In Russland entstand unter den Verhältnissen des Zerfalls der Gentilverfassung die patriarchalische Sklaverei. Doch die Entwicklung der Gesellschaft verlief hier im wesentlichen nicht auf dem Wege der Sklavenhalterei, sondern auf dem Wege der Feudalisierung. Der Übergang von der Urgemeinschaft zum Feudalismus vollzog sich in Russland zu einer Zeit, da die Sklavenhalterordnung schon längst untergegangen war, sich in den europäischen Ländern die feudalen Verhältnisse gefestigt hatten und auf Russland ausstrahlten.

Wie die Geschichte der Menschheit zeigt, ist es nicht unbedingt notwendig, dass jedes Volk alle Stufen der gesellschaftlichen Entwicklung durchläuft. Für viele Völker ergeben sich Bedingungen, die ihnen ermöglichen, diese oder jene Entwicklungsstadien zu überspringen und sofort auf eine höhere Stufe überzugehen.

In Russland wie auch in anderen Ländern wurden die Bauern mit der Entstehung des Feudalismus allmählich an den Boden gebunden, der den Feudalherren gehörte. Zunächst waren die Bauern noch nicht endgültig an den Grundbesitzer und an den Boden gefesselt: sie hatten noch das Recht, von einem Gutsbesitzer zu einem anderen überzugehen. Z.B. verstärkten die Gutsbesitzer, um die Produktion von Getreide für den Verkauf zu steigern, die Ausbeutung der Bauern. Im Zusammenhang damit nahm der Staat den Bauern das Recht, von einem Gutsbesitzer zu einem anderen hinüberzuwechseln. Die Bauern verwandelten sich damit in Leibeigene.

In der Epoche des Feudalismus spielte die Landwirtschaft, und von den landwirtschaftlichen Zweigen der Ackerbau, die dominierende Rolle. Allmählich, im Laufe der Jahrhunderte vervollkommneten sich die Methoden des Getreidebaus und entwickelten sich der Gemüsebau, der Obstbau, der Weinbau und der Anbau von Ölfrüchten.

In der Frühperiode des Feudalismus herrschte in der Landwirtschaft das Brachlandsystem und in Waldgebieten das Rodungssystem vor. Ein Landstück wurde einige Jahre hintereinander mit einer bestimmten Kultur bestellt, bis der Boden erschöpft war. Dann wurde ein anderes Landstück bestellt. Späterhin kam die Dreifelderwirtschaft auf, bei der das Ackerland in drei Felder eingeteilt wird, von denen abwechselnd ein Feld mit Winterkulturen, ein Feld mit Sommerkulturen bestellt wird und ein Feld brachliegen bleibt. Die Dreifelderwirtschaft breitete sich seit dem 11./12. Jahrhundert in Westeuropa und Russland aus. Sie blieb viele Jahrhunderte lang das herrschende System in der Landwirtschaft, sie erhielt sich bis zum 19. Jahrhundert, ja in vielen Ländern bis zum heutigen Tag.

Das landwirtschaftliche Inventar in der Frühperiode des Feudalismus war dürftig. Als Arbeitswerkzeuge dienten der Hakenpflug mit eiserner Schar, die Sichel, die Sense und der Spaten. Später begann man auch den eisernen Pflug und die eiserne Egge zu verwenden. Das Getreide wurde lange Zeit mit der Hand gemahlen, bis die Wind- und die Wassermühle Verbreitung erlangten.

2. Die Produktionsverhältnisse der Feudalgesellschaft. Die Ausbeutung der Bauern durch die Feudalherren.

Die Grundlage der Produktionsverhältnisse der Feudalgesellschaft war das Eigentum des Feudalherrn am Grund und Boden und das beschränkte Eigentum am leibeigenen Bauern. Der leibeigene Bauer war kein Sklave. Er hatte eine eigene Wirtschaft. Der Feudalherr konnte ihn nicht mehr töten, doch er konnte ihn verkaufen. Neben dem Eigentum der Feudalherren bestand noch das individuelle Eigentum der Bauern und Handwerker an den Produktionsinstrumenten und an ihrer privaten Wirtschaft, die auf persönlicher Arbeit beruhte.

Das große feudale Grundeigentum war die Grundlage der Ausbeutung der Bauern durch die Gutsbesitzer. Die eigene Wirtschaft des Feudalherrn nahm nur einen Teil seines Bodens ein. Den anderen Teil seines Bodens gab der Feudalherr den Bauern zu knechtenden Bedingungen in Nutzung. Der Bauer war gezwungen, für den Feudalherrn zu arbeiten, weil das wichtigste Produktionsmittel, der Boden, Eigentum des Feudalherrn war. Der Feudalherr „teilte“ den Bauern Boden zu; hiervon stammt die Bezeichnung „Anteil“. Der bäuerliche Bodenanteil war die Voraussetzung für die Versorgung des Gutsbesitzers mit Arbeitskräften. Der Bauer, dessen Anteil erblich war, war verpflichtet, für den Gutsbesitzer zu arbeiten, den Boden des Gutsbesitzers mit seinen eigenen Werkzeugen und mit seinem eigenen Arbeitsvieh zu bearbeiten oder dem Gutsbesitzer sein Mehrprodukt in Natural- oder Geldform abzuliefern.

Dieses Wirtschaftssystem setzte notwendigerweise die persönliche Abhängigkeit des Bauern vom Gutsbesitzer, den außerökonomischen Zwang voraus. „Hätte der Gutsbesitzer nicht unmittelbare Gewalt über die Person des Bauern, könnte er eine Person mit Land und eigener Wirtschaft nicht zwingen, für ihn zu arbeiten.“[24] Die Formen und Grade dieses Zwanges waren sehr verschieden: von der Leibeigenschaft bis zur ständischen Rechtsbeschränkung des Bauern.

Die Arbeitszeit des leibeigenen Bauern unterteilte sich in notwendige Arbeitszeit und in Mehrarbeitszeit. In der notwendigen Arbeitszeit schuf der Bauer das Produkt, das zu seiner eigenen Existenz und zur Existenz seiner Familie notwendig war. In der Mehrarbeitszeit schuf er das Mehrprodukt, das sich der Feudalherr aneignete. Die Mehrarbeit der Bauern, die in der Wirtschaft eines Feudalherrn arbeiten, oder das Mehrprodukt, das der Bauer in seiner eigenen Wirtschaft schafft und das sich der Feudalherr aneignet, bilden die feudale Grundrente. Die Feudalrente verschlang häufig nicht nur die Mehrarbeit des Bauern, sondern auch einen Teil seiner notwendigen Arbeit. Die Grundlage diese Rente war das Feudaleigentum am Grund und Boden, das mit der unmittelbaren Herrschaft des feudalen Gutsbesitzers über die von ihm abhängigen Bauern zusammenhing.

Im Feudalismus bestanden drei Formen der Grundrente: Arbeitsrente, Produktenrente und Geldrente, die sich auseinander entwickeln, aber auch nebeneinander bestehen können. Bei allen diesen Formen der Rente trat die Ausbeutung der Bauern durch die Gutsbesitzer unverhüllt zutage.

Die Arbeitsrente herrschte auf den frühen Entwicklungsstufen des Feudalismus vor. Sie trat in der Form der Fronarbeit auf. Bei der Fronarbeit arbeitete der Bauer einen bestimmten Teil der Woche – drei oder vier Tage – mit eigenen Produktionsinstrumenten (Hakenpflug, Arbeitsvieh usw.) auf dem Gut des Feudalherrn, an den übrigen Tagen der Woche arbeitete er in seiner eigenen Wirtschaft. Somit waren bei der Fronarbeit die notwendige Arbeit und die Mehrarbeit des Bauern der Zeit und dem Raum nach klar geschieden. Der Kreis der Fronarbeiten war sehr groß. Der Bauer pflügte, säte und brachte die Ernte ein, weidete das Vieh, verrichtete Zimmermannsarbeiten, schlug Holz für den Gutsbesitzer, beförderte mit seinem Pferd landwirtschaftliche Produkte und Baumaterialien.

Bei der Fronarbeit war der leibeigene Bauer nur während der Arbeit in seiner eigenen Wirtschaft an der Steigerung der Arbeitsproduktivität interessiert. Während der Zeit, da der Bauer auf dem gutsherrlichen Boden arbeitete, war er daran nicht interessiert. Die Feudalherren stellten Aufseher an, die die Bauern zur Arbeit antrieben.

Im Laufe der weiteren Entwicklung wurde die Arbeitsrente durch die Produktenrente abgelöst. Die Produktenrente trat in Form von Naturalabgaben auf. Der Bauer war verpflichtet, dem Gutsbesitzer regelmäßig eine bestimmte Menge an Getreide, Vieh, Geflügel und anderen landwirtschaftlichen Produkten zu liefern. Die Abgaben waren sehr häufig mit diesen oder jenen Überresten der Fronarbeit verknüpft, das heißt mit Arbeiten des Bauern auf der Wirtschaft des Gutsbesitzers.

Bei der Produktenrente verwandte der Bauer seine gesamte Arbeit, die notwendige wie die Mehrarbeit, nach seinem Ermessen. Die notwendige Arbeit und die Mehrarbeit waren nicht mehr so klar voneinander geschieden wie bei der Arbeitsrente. Der Bauer wurde hier relativ selbständiger. Das schuf einen gewissen Anreiz, die Arbeitsproduktivität zu steigern.

Auf einer späteren Stufe des Feudalismus, als der Austausch verhältnismäßig hoch entwickelt war, entstand die Geldrente. Sie trat in der Form der Geldabgaben auf. Die Geldrente ist für die Periode des Zerfalls des Feudalismus und der Entstehung der kapitalistischen Verhältnisse kennzeichnend. Die verschiedenen Formen der Feudalrente haben oft zugleich bestanden. „In allen diesen Formen der Grundrente: Arbeitsrente, Produktenrente, Geldrente (als bloß verwandelte Form der Produktenrente) ist der Rentenzahler stets als der wirkliche Bearbeiter und Besitzer des Bodens vorausgesetzt, dessen unbezahlte Mehrarbeit direkt an den Grundeigentümer geht.“[25]

In dem Bestreben, ihre Einkünfte zu erhöhen, erlegten die Feudalherren den Bauern alle möglichen Abgaben auf. In vielen Fällen hatten sie die Mühlen, Schmieden und andere Betriebe in Monopolbesitz. Der Bauer war gezwungen, sie gegen unmäßig hohe Bezahlung in Naturalien oder in Geld zu benutzen. Neben den Natural- oder Geldabgaben, die an den Feudalherrn entrichtet wurden, musste der Bauer auch noch alle möglichen Steuern an den Staat zahlen, ferner örtliche Steuern und in einigen Ländern den Zehnten, das heißt den zehnten Teil der Ernte, an die Kirche. Somit war die Grundlage für die Existenz der feudalen Gesellschaft die Arbeit der leibeigenen Bauern. Die Bauern produzierten nicht nur landwirtschaftliche Produkte. Sie arbeiteten auf den Gütern der Feudalherren auch als Handwerker, bauten Schlösser und Klöster, legten Straßen an. Mit den Händen der leibeigenen Bauern wurden Städte erbaut. Die Wirtschaft des Feudalherrn war, besonders auf ihren frühen Entwicklungsstufen, in ihrer Grundlage Naturalwirtschaft. Jede Feudalbesitzung, die aus dem Herrenhof und den dem Feudalherrn gehörenden Dörfern bestand, führte ihr eigenes, abgesondertes Wirtschaftsleben und trat selten mit der Außenwelt in Austausch. Die Bedürfnisse des Feudalherrn und seiner Familie, die Bedürfnisse des zahlreichen Gesindes wurden durch die in der Wirtschaft des Feudalherrn produzierten und die von den abgabepflichtigen Bauern abgelieferten Produkte befriedigt. Die mehr oder weniger großen Güter verfügten über eine hinreichende Anzahl von Handwerkern, größtenteils Leibeigene des Gutshofs. Diese Handwerker verfertigten Kleidung und Schuhwerk, produzierten und reparierten Waffen, Jagdausrüstungen und landwirtschaftliches Inventar, errichteten Gebäude.

Die Bauernwirtschaft war ebenfalls Naturalwirtschaft. Die Bauern befassten sich nicht nur mit landwirtschaftlicher Arbeit, sondern auch mit häuslicher handwerklicher Arbeit, hauptsächlich mit der Verarbeitung der in ihrer Wirtschaft erzeugten Rohstoffe: mit Spinnen, Weben und mit der Herstellung von Schuhwerk und wirtschaftlichem Inventar.

Lange Zeit war für den Feudalismus die Verknüpfung des Ackerbaus als des Hauptwirtschaftszweigs mit der Hausindustrie, die untergeordnete Bedeutung hatte, kennzeichnend. Die wenigen Produkte von außerhalb, ohne die man nicht auskommen konnte, wie zum Beispiel Salz und Eisenerzeugnisse, wurden in der ersten Zeit durch umherziehende Kaufleute geliefert. In der späteren Zeit machte in Zusammenhang mit dem Wachsen der Städte und der Handwerksproduktion die Arbeitsteilung und die Entwicklung des Austausches zwischen Stadt und Land einen großen Schritt vorwärts.

Die Ausbeutung der abhängigen Bauern durch die Feudalherren war bei allen Völkern das Hauptmerkmal des Feudalismus. Doch in manchen Ländern wies die Feudalordnung Besonderheiten auf. In den Ländern des Ostens waren die Feudalverhältnisse lange Zeit hindurch mit den Verhältnissen der Sklaverei verflochten. So war es in China, Indien, Japan und in einigen anderen Ländern. Große Bedeutung hatte im Osten das staatliche Feudaleigentum am Grund und Boden. Zum Beispiel lebte in der Periode des Kalifats von Bagdad unter der Herrschaft der Araber (besonders im 8. und 9. Jahrhundert unserer Zeitrechnung) ein großer Teil der Dorfgemeinschaftsbauern auf dem Boden des Kalifen und entrichtete die Feudalrente direkt an den Staat. Der Feudalismus im Orient war auch gekennzeichnet durch die Zählebigkeit der patriarchalischen Gentilverhältnisse, die von den Feudalherren zur Verstärkung der Ausbeutung der Bauern ausgenutzt wurden.

In den Agrarländern des Ostens, in denen die Bewässerungswirtschaft entscheidende Bedeutung hatte, befanden sich die Bauern in schwerster Abhängigkeit von den Feudalherren, weil nicht nur der Boden, sondern auch die Wasserquellen und Bewässerungsanlagen Eigentum des Feudalstaates oder einzelner Feudalherren waren.

Bei den Nomadenvölkern wurde der Boden als Weide genutzt. Das Ausmaß des feudalen Grundbesitzes wurde durch die Menge des Viehs bestimmt. Die großen feudalen Viehbesitzer waren faktisch große Eigentümer von Weiden. Sie hielten die Bauernschaft in Abhängigkeit und beuteten sie aus.

Trotz der Besonderheiten, die der Feudalismus in den verschiedenen Ländern aufweist, vollzieht sich die Entwicklung der feudalen Produktionsweise überall auf der Grundlage allgemeiner, ihr eigener Gesetzmäßigkeiten. Im Feudalismus erfolgt die Produktion im Interesse der Feudalherren, die den Grund und Boden besitzen und sich durch Ausbeutung der von ihnen abhängigen Bauern die feudale Grundrente aneignen. Der Vorzug des Feudalismus gegenüber der Sklavenhalterordnung besteht darin, dass der abhängige Bauer ein gewisses Interesse an der Arbeit hat, da er Eigentümer seiner persönlichen Wirtschaft ist und einen Teil der Zeit für sich arbeitet. Der Übergang von der Arbeitsrente zur Produktenrente und von dieser zur Geldrente bedeutet, dass den Bauern bei der Verfügung über ihre Arbeit und über ihre Zeit eine größere Selbstständigkeit eingeräumt wird und demzufolge ihr Interesse an der eigenen Arbeit zunimmt. Dies führt zur allmählichen Entwicklung der Arbeitsproduktivität innerhalb der feudalen Produktionsverhältnisse; gleichzeitig verstärkt sich die Ausbeutung der abhängigen Bauern durch die Feudalherren und wächst die Grundrente.

Vom Dargelegten ausgehend, sind die Hauptzüge des ökonomischen Grundgesetzes des Feudalismus so zu formulieren: Aneignung des Mehrprodukts durch die Feudalherren für ihre parasitäre Konsumtion durch Ausbeutung der abhängigen Bauern auf der Grundlage des Eigentums des Feudalherrn am Grund und Boden und des beschränkten Eigentums des Feudalherrn an den Produzenten, den Leibeigenen.

3. Die mittelalterliche Stadt. Die Handwerkszünfte. Die Kaufmannsgilden.

Die Städte entstanden schon in der Sklavenhalterordnung. Solche Städte wie Rom, Florenz, Venedig und Genua in Italien, Paris, Lyon und Marseille in Frankreich, London in England, Samarkand in Mittelasien und viele andere übernahm das Mittelalter als Erbe von der Epoche der Sklaverei. Die Sklavenhalterordnung trat ab, die Städte aber blieben. Die großen auf Sklaverei aufgebauten Werkstätten zerfielen, doch das Handwerk bestand weiter.

In der Periode des frühen Mittelalters entwickelten sich die Städte und Handwerke nur schwach. Die städtischen Handwerker stellten Erzeugnisse für den Verkauf her, doch den größten Teil der von ihnen benötigten Konsumtionsgüter erhielten sie aus ihrer eigenen Wirtschaft. Viele von ihnen besaßen kleine Ackerstücke, Gärten und Nutzvieh. Die Frauen beschäftigten sich mit Spinnen von Flachs und Wolle zur Anfertigung von Kleidung. Das zeugte von der Begrenztheit der Märkte und des Austausches.

Auf dem Lande war die Verarbeitung landwirtschaftlicher Rohstoffe in der ersten Zeit eine Nebenbeschäftigung der Bauern. Später sonderten sich aus den Bauern Handwerker aus, die für ihr Dorf arbeiteten. Die Produktivität der Arbeit der Handwerker stieg. Es ergab sich die Möglichkeit, mehr Erzeugnisse zu produzieren, als der Feudalherr oder die Bauern eines Dorfes brauchten. Die Handwerker begannen sich in der Umgebung der Schlösser der Feudalherren, in der Nähe der Klöster, in großen Dörfern und anderen Handelszentren anzusiedeln. So entstanden allmählich, gewöhnlich an Wasserstraßen, neue Städte. Die Absonderung der Stadt vom Dorf, die schon in der Sklaverei begonnen hatte, wurde stärker.

Im Laufe der Zeit wurde das Handwerk zu einer immer einträglicheren Angelegenheit. Die Kunstfertigkeit der Handwerker vervollkommnete sich. Der feudale Gutsbesitzer ging dazu über, Handwerkserzeugnisse bei den Städtern zu kaufen, die Erzeugnisse seiner Leibeigenen befriedigten ihn nicht mehr. Das entwickeltere Handwerk trennte sich endgültig von der Landwirtschaft.

Die auf dem Boden weltlicher oder geistlicher Feudalherren gegründeten Städte unterstanden deren Macht. Die Städter leisteten dem Feudalherrn verschiedene Frondienste, entrichteten an ihn Natural- oder Geldabgaben und waren seiner Verwaltung und seiner Gerichtsbarkeit unterstellt. Die Stadtbevölkerung begann schon früh den Kampf für die Befreiung von der feudalen Abhängigkeit. Teils durch Gewalt, teils durch Loskauf erlangten die Städte das Recht der Selbstverwaltung, der Gerichtsbarkeit, der Münzprägung und der Steuererhebung.

Die Stadtbevölkerung bestand hauptsächlich aus Handwerkern und Händlern. In vielen Städten fanden Leibeigene, die den Gutsbesitzern entflohen waren, Zuflucht. Die Stadt war der Träger der Warenproduktion zum Unterschied vom Dorf, wo die Naturalwirtschaft herrschte. Die wachsende Konkurrenz seitens der in den Städten zusammengeströmten flüchtigen Leibeigenen und der Kampf gegen die Ausbeutung und Unterdrückung durch die Feudalherren veranlassten die Handwerker, sich in Zünften zu vereinigen. Die Zunftordnung hat in der Epoche des Feudalismus in fast allen Ländern bestanden.

Zünfte entstanden in Byzanz im 9. Jahrhundert, in Italien im 10. Jahrhundert, späterhin in ganz Westeuropa und in Russland. In den Ländern des Ostens (Ägypten, China), in den Städten des arabischen Kalifats kamen die Zünfte noch früher auf als in den europäischen Ländern. Die Zünfte vereinigten die städtischen Handwerker eines bestimmten Handwerks oder einiger verwandter Handwerke. Vollberechtigte Mitglieder der Zünfte waren nur die Handwerksmeister. Die Zünfte wahrten sorgsam das ausschließliche Recht ihrer Mitglieder auf die Ausübung des betreffenden Handwerks und reglementierten den Produktionsprozess: sie setzten die Dauer des Arbeitstages und die Zahl der Gesellen und Lehrlinge eines jeden Meisters fest, bestimmten die Qualität der Rohstoffe und des fertigen Produkts sowie seinen Preis und kauften häufig gemeinsam Rohstoffe ein. Das durch langjährige Tradition eingebürgerte Arbeitsverfahren war für alle obligatorisch. Durch die strenge Reglementierung sollte erreicht werden, dass kein Meister sich über die übrigen erhob. Außerdem waren die Zünfte Organisationen der gegenseitigen Hilfe.

Die Zünfte waren die feudale Organisationsform des Handwerks. In der ersten Zeit ihres Bestehens spielten sie eine gewisse positive Rolle, indem sie zur Festigung und Entwicklung des städtischen Handwerks beitrugen. Mit der zunehmenden Warenproduktion und der Erweiterung des Marktes jedoch wurden die Zünfte immer mehr zu einem Hemmschuh für die Entwicklung der Produktivkräfte.

Die Reglementierung der Handwerksproduktion durch die Zünfte war ein Hindernis für die Entwicklung der Technik und der Bildung von größeren Betrieben. Das sicherte den Zünften ihren ständischen Charakter und damit ihre Dauerhaftigkeit. In der weiteren Entwicklung verfielen die Zünfte. Den Lehrlingen und Gesellen, deren Zahl sehr gestiegen war, wurde es praktisch unmöglich gemacht, selbständige Meister zu werden. Sie waren gezwungen, ihr Leben lang im Lohnverhältnis zu bleiben. Unter diesen Bedingungen büßten die Verhältnisse zwischen dem Meister und seinen Untergebenen ihren früheren, mehr oder minder patriarchalischen Charakter ein. Die Meister verstärkten die Ausbeutung ihrer Untergebenen und zwangen sie, vierzehn bis sechzehn Stunden am Tage für ein erbärmliches Entgelt zu arbeiten.

Der reichste Teil der Stadtbevölkerung waren die Kaufleute. Die Handelstätigkeit entfaltete sich sowohl in den Städten, die schon in der Epoche der Sklaverei bestanden hatten, als auch in den Städten, die im Feudalismus entstanden waren. Der Zunftorganisation im Handwerk entsprach die Gildenorganisation im Handel. Kaufmannsgilden haben in der Epoche des Feudalismus fast überall bestanden. Im Osten sind sie seit dem 9. Jahrhundert bekannt, in Westeuropa seit dem 9./10. Jahrhundert, in Russland seit dem 12. Jahrhundert. Die Hauptaufgabe der Gilden war der Kampf gegen die Konkurrenz außenstehender Kaufleute, die Regelung von Maß und Gewicht und der Schutz der Rechte der Kaufleute vor den Anschlägen der Feudalherren.

Im 9. und 10. Jahrhundert wurde schon ein ausgedehnter Handel zwischen den Ländern des Orients und Westeuropas betrieben. Das Kiewer Reich nahm an diesem Handel aktiv teil. Eine große Rolle bei der Erweiterung des Handels spielten die Kreuzzüge (11.-13. Jahrhundert), die den westeuropäischen Kaufleuten die Märkte des Nahen Ostens öffneten. Ein Strom von Silber und Gold floss aus dem Orient nach Europa. Das Geld trat jetzt auch in solchen Gegenden auf, in denen es früher nicht in Gebrauch war.

Lange Zeit hindurch waren die Mittelmeerhäfen die Haupthandelszentren, die Westeuropa mit dem Orient verbanden. Doch gleichzeitig entwickelte sich ein ausgedehnter Handel in den an den Handelsstraßen der Nord- und Ostsee gelegenen norddeutschen und niederländischen Städten. Im 14. Jahrhundert entstand hier zur Förderung des Handels ein Städtebund, die deutsche Hanse, die in den folgenden zwei Jahrhunderten etwa 80 Städte verschiedener Länder Europas vereinigte. Die Hanse trieb Handel mit England, Skandinavien, Polen und Russland. Im Austausch gegen Erzeugnisse des westeuropäischen Handwerks – flandrische und englische Tuche, Leinwand, deutsche Metallerzeugnisse, französische Weine – wurden aus den nordöstlichen Gebieten Europas eingeführt: Pelzwerk, Leder, Speck, Honig, Getreide, Holz, Teer, Leinengewebe und einige Handwerkserzeugnisse. Aus den Ländern des Orients führten die Kaufleute ein: Gewürze – Pfeffer, Gewürznelke, Muskatnuss –, wohlriechende Essenzen, Farbstoffe, Baumwoll- und Seidengewebe, Teppiche und andere Waren.

Im 13./14. Jahrhundert trieben die russischen Städte Nowgorod, Pskow und Moskau einen ausgedehnten Handel mit Asien und Westeuropa. Die Nowgoroder Kaufleute handelten einerseits mit den Völkern des Nordens (im Küstengebiet des Eismeers und im Gebiet jenseits des Urals) und trieben anderseits regelmäßigen Handel mit Skandinavien und Deutschland.

Das Wachstum der Städte und die Entwicklung des Handels übten auf das feudale Dorf starken Einfluss aus. Die Wirtschaft der Feudalherren wurde in den Marktverkehr einbezogen. Um Luxusgegenstände und Erzeugnisse des städtischen Handwerks kaufen zu können, brauchten die Feudalherren Geld. Im Zusammenhang damit war es für die Feudalherren vorteilhaft, den Bauern statt Fronarbeit und Naturalabgaben Geldabgaben aufzuerlegen. Mit dem Übergang zu Geldabgaben verstärkte sich die feudale Ausbeutung noch mehr.

4. Die Klassen und Stände der Feudalgesellschaft. Die feudale Hierarchie.

Die Feudalgesellschaft zerfiel in zwei Hauptklassen: die Feudalherren und die Bauern. Die „auf Leibeigenschaft beruhende(n) Gesellschaft ... stellte eine Klassenteilung dar, in der die ungeheure Mehrheit – die leibeigene Bauernschaft – sich in völliger Abhängigkeit von einer verschwindenden Minderheit – den Gutsbesitzern – befand, die den Grund und Boden besaßen.“[26]

Die Klasse der Feudalherren war kein einheitliches Ganzes. Die kleinen Feudalherren entrichteten den großen Feudalherren Tribut, sie halfen ihnen im Krieg und genossen dafür deren Schutz. Der Schutzherr wurde Senior, der unter der Schutzherrschaft Stehende Vasall genannt. Die Senioren ihrerseits waren Vasallen anderer, mächtigerer Feudalherren.

Als herrschende Klasse standen die feudalen Gutsbesitzer an der Spitze des Staates. Sie bildeten einen Stand, den Adel. Die Adligen genossen umfassende politische und wirtschaftliche Privilegien.

Die Geistlichkeit (der Kirche und der Klöster) war ebenfalls großer Grundeigentümer. Sie besaß ausgedehnte Ländereien mit zahlreicher abhängiger und leibeigener Bevölkerung und war neben den Adligen ein herrschende Stand.

Das breite Fundament der „feudalen Stufenleiter“ war die Bauernschaft. Die Bauern waren dem Gutsbesitzer untergeben und befanden sich unter der obersten Gewalt des größten Feudalherrn, des Königs. Die Bauernschaft war ein politisch rechtloser Stand. Die Gutsbesitzer konnten ihre Leibeigenen verkaufen und machten von diesem Recht weitgehend Gebrauch. Die Fronherren unterzogen die Bauern körperlichen Züchtigungen. Lenin nannte die auf Leibeigenschaft beruhende Abhängigkeit „Leibeigenensklaverei“. Die Ausbeutung der leibeigenen Bauern durch die Fronherren war fast ebenso grausam wie die Ausbeutung der Sklaven in der Alten Welt. Doch trotzdem konnte der Leibeigene eine gewisse Zeit auf seinem Landstück arbeiten und gehörte bis zu einem gewissen Grade sich selbst.

Der grundlegende Klassengegensatz der Feudalgesellschaft war der Gegensatz zwischen den Feudalherren und den leibeigenen Bauern. Der Kampf der ausgebeuteten Bauernschaft gegen die feudalen Gutsbesitzer wurde während der ganzen Epoche des Feudalismus geführt und verschärfte sich besonders auf der letzten Entwicklungsstufe des Feudalismus, als sich die Ausbeutung der leibeigenen Bauern aufs äußerste verstärkt hatte.

In den Städten, die sich von der feudalen Abhängigkeit befreit hatten, lag die Macht in den Händen der reichen Städter – der Kaufleute, Wucherer, der Besitzer des städtischen Bodens und der großen Hausbesitzer. Die Zunfthandwerker, die die Hauptmasse der Stadtbevölkerung bildeten, traten häufig gegen die städtischen Patrizier auf, um durchzusetzen, dass sie neben der städtischen Aristokratie an der Verwaltung der Städte teilnehmen konnten. Die kleinen Handwerker und Gesellen kämpften gegen die sie ausbeutenden Zunftmeister und Kaufleute.

Gegen Ende der Epoche des Feudalismus war die Stadtbevölkerung bereits stark differenziert. Auf der einen Seite standen die reichen Kaufleute und Zunftmeister, auf der anderen die großen Schichten der Handwerksgesellen und Lehrlinge und der städtischen Armut. Die unteren Schichten der städtischen Bevölkerung traten in den Kampf gegen die vereinten Kräfte der städtischen Patrizier und der Feudalherren. Dieser Kampf verschmolz mit dem Kampf der leibeigenen Bauern gegen die feudale Ausbeutung.

Im Laufe der Zeit bildeten die Feudalverhältnisse ein bis zum äußersten verwirrtes Knäuel von Rechten und Pflichten. Unter den Feudalherren entstand endloser Streit und Zwist, der gewöhnlich mit Waffengewalt, durch Kriege zwischen den Feudalherren gelöst wurde.

5. Die Entwicklung der Produktivkräfte der Feudalgesellschaft.

In der Epoche des Feudalismus wurde ein höherer Stand der Produktivkräfte erreicht als in der Epoche der Sklaverei. In der Landwirtschaft erreichte die Produktionstechnik eine höhere Stufe; der eiserne Pflug und andere eiserne Arbeitsinstrumente kamen auf und verbreiteten sich. Es entstanden neue Zweige der Landwirtschaft; der Weinbau, die Kelterei und der Gemüsebau erfuhren eine bedeutende Entwicklung. Auch die Viehzucht entwickelte sich, insbesondere die Pferdezucht, die mit dem Kriegsdienst der Feudalherren zusammenhing. In einer Reihe von Gebieten erlangte die Schafzucht weite Verbreitung. Die Wiesen und Weiden wurden erweitert und verbessert.

Allmählich vervollkommneten sich die Arbeitsinstrumente der Handwerker und die Rohstoffverarbeitung. Die Handwerke spezialisierten sich. So stellte zum Beispiel früher der Schmied alle Metallerzeugnisse her. Im Laufe der Zeit sonderten sich aus dem Schmiedehandwerk das Handwerk der Waffenschmiede, Nagelschmiede, Messerschmiede, Schlösserschmiede ab, aus der Gerberei das Schuhmacher- und das Sattlerhandwerk. Im 16. und 17. Jahrhundert erlangte in Europa das Spinnrad weite Verbreitung. Im Jahre 1600 wurde der Bandwebstuhl erfunden.

Für die Vervollkommnung der Arbeitsinstrumente hatte die Verbesserung der Eisengewinnung und Eisenbearbeitung entscheidende Bedeutung. Im 14. Jahrhundert begann man das Wasserrad anzuwenden, um Blasebälge und schwere Hämmer zur Zerkleinerung des Erzes in Bewegung zu setzen. Mit der Verstärkung des Winddrucks in den Öfen erhielt man statt schmiedbaren Materials schmelzbares Material, das Gusseisen. Mit der Verwendung des Schießpulvers im Kriegswesen und dem Aufkommen der Artillerie (im 14. Jahrhundert) wurden große Mengen Metall für die Kugeln benötigt; seit dem Anfang des 15. Jahrhunderts goss man sie aus Roheisen. Immer mehr Metall wurde für die Herstellung landwirtschaftlicher und anderer Geräte gebraucht. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts kamen die ersten Hochöfen auf. Die Erfindung des Kompasses trug zur weiteren Entwicklung der Seeschifffahrt bei. Große Bedeutung hatte die Erfindung und Verbreitung des Buchdrucks.

In China hatten Produktivkräfte und Kultur schon im 6.-11. Jahrhundert eine bedeutende Entwicklungsstufe erreicht, die in vieler Hinsicht die Europas jener Zeit übertraf. Die Chinesen haben als erste den Kompass, das Schießpulver, das Schreibpapier und den Buchdruck in einfachster Form erfunden.

Die Entwicklung der Produktivkräfte der Feudalgesellschaft kollidierte immer mehr mit dem engen Rahmen der feudalen Produktionsverhältnisse. Die Bauernschaft, auf der das Joch der feudalen Ausbeutung lastete, war nicht in der Lage, die Produktion landwirtschaftlicher Produkte weiter zu steigern. Die Arbeitsproduktivität des unfreien Bauern war überaus niedrig. In der Stadt stieß das Wachstum der Arbeitsproduktivität des Handwerkers auf die Hindernisse, die durch die Satzungen und Regeln der Zünfte aufgerichtet worden waren. Die Feudalordnung war durch langsames Entwicklungstempo der Produktion, durch Festhalten am Althergebrachten und durch die Macht der Traditionen gekennzeichnet. Die Produktivkräfte, die sich im Rahmen der Feudalgesellschaft entwickelt hatten, verlangten neue Produktionsverhältnisse.

6. Entstehung der kapitalistischen Produktion im Schoße der Feudalordnung. Die Rolle des Handelskapitals.

In der Epoche des Feudalismus fand eine allmähliche Entwicklung der Warenproduktion statt, erweiterte sich das städtische Handwerk und wurde die bäuerliche Wirtschaft immer mehr in den Austausch einbezogen. Die Produktion der kleinen Handwerker und Bauern, die auf dem Privateigentum und auf persönlicher Arbeit beruht und Produkte für den Austausch schafft, heißt einfache Warenproduktion.

Wie schon dargelegt, ist ein Produkt, das auf Basis des Privateigentums, d.h. für den Austausch produziert wird, eine Ware. Die einzelnen Warenproduzenten wenden zur Herstellung der gleichen Waren eine ungleiche Arbeitsmenge auf. Das hängt von den verschiedenen Bedingungen ab, unter denen sie arbeiten müssen: die Warenproduzenten, die über vollkommenere Instrumente verfügen, verausgaben für die Produktion ein und derselben Ware weniger Arbeit als andere. Neben den Unterschieden in den Arbeitsinstrumenten sind auch die Unterschiede in Kraft, Geschicklichkeit, Kunstfertigkeit des Arbeitenden usw. von Bedeutung. Doch der Markt kümmert sich nicht darum, unter welchen Bedingungen und mit welchen Instrumenten diese oder jene Ware produziert wurde. Für gleiche Waren wird auf dem Markt die gleiche Geldsumme bezahlt, unabhängig von den individuellen Arbeitsbedingungen, unter denen sie produziert wurden.

Daher können die Warenproduzenten, deren individueller Arbeitsaufwand infolge der schlechteren Produktionsbedingungen höher ist als der durchschnittliche Aufwand, beim Verkauf ihrer Waren nur einen Teil dieses Aufwands decken. Sofern sie diesem ökonomischen Zwang zur Steigerung der Arbeitsproduktivität nicht begegnen können, werden sie ruiniert. Demgegenüber sind die Warenproduzenten, deren individueller Arbeitsaufwand dank der besseren Produktionsbedingungen niedriger liegt als der durchschnittliche Aufwand, beim Verkauf ihrer Waren im Vorteil und werden reich. Das verstärkt die Konkurrenz. Es erfolgt eine Differenzierung der kleinen Warenproduzenten: die meisten von ihnen werden immer ärmer, während ein kleiner Teil von ihnen reich wird.

Ein großes Hindernis auf dem Wege der Entwicklung der Warenproduktion war die staatliche Zersplitterung im Feudalismus. Die Feudalherren setzten nach ihrem Belieben Zölle für die eingeführten Waren fest, erhoben Tribut für die Durchfahrt durch ihre Besitzungen und schufen damit ernste Hindernisse für die Entwicklung des Handels. Die Bedürfnisse des Handels und der ökonomischen Entwicklung der Gesellschaft überhaupt erforderten die Beseitigung der feudalen Zersplitterung. Das Ansteigen der handwerklichen und landwirtschaftlichen Produktion und die Entwicklung der gesellschaftlichen Arbeitsteilung zwischen Stadt und Land führten zur Festigung der wirtschaftlichen Verbindungen zwischen den verschiedenen Gebieten innerhalb des Landes, führten zur Bildung des nationalen Marktes. Die Herausbildung des nationalen Marktes schuf die ökonomischen Voraussetzungen für die Zentralisierung der Staatsmacht. Die aufkommende städtische Bourgeoisie war an der Beseitigung der feudalen Schranken interessiert und trat für die Schaffung eines zentralisierten Staates ein.

Gestützt auf die breitere Schicht des niederen gutsbesitzenden Adels, auf die „Vasallen ihrer Vasallen“ sowie auf die erstarkenden Städte, versetzten die Könige der feudalen Oberschicht schwere Schläge und festigten ihre Stellung. Sie wurden nicht nur nominelle, sondern auch die faktischen Machthaber im Staat. Es bildeten sich große Nationalstaaten in Form der absolutistischen Monarchien. Die Überwindung der feudalen Zersplitterung und die Schaffung einer zentralisierten Staatsmacht trug zur Entstehung und Entwicklung der kapitalistischen Verhältnisse bei.

Große Bedeutung für das Entstehen der kapitalistischen Formation hatte die Bildung des Weltmarktes.

In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts eroberten die Türken Konstantinopel und den ganzen östlichen Teil des Mittelmeers. Die wichtigsten Handelsstraßen zwischen Westeuropa und dem Orient waren abgeschnitten. Auf der Suche nach einem Seeweg nach Indien entdeckte Kolumbus im Jahre 1492 Amerika, Vasco da Gama umsegelte im Jahre 1498 Afrika und entdeckte den Seeweg nach Indien.

Infolge dieser Entdeckungen verlagerte sich der Schwerpunkt des europäischen Handels vom Mittelmeer an den Atlantischen Ozean, und die Hauptrolle im Handel ging an die Niederlande, an England und Frankreich über. Eine bedeutende Rolle im europäischen Handel spielte Russland.

Mit der Entstehung des Welthandels und des Weltmarktes war das Handwerk nicht mehr imstande, die wachsende Nachfrage nach Waren zu befriedigen. Das beschleunigte den Übergang von der kleinen Handwerksproduktion zur großen kapitalistischen Produktion, die auf der Ausbeutung von Lohnarbeitern beruht.

Der Übergang von der feudalen Produktionsweise zur kapitalistischen Produktionsweise vollzog sich auf zweierlei Art: einerseits brachte die Differenzierung der kleinen Warenproduzenten kapitalistische Unternehmer hervor, anderseits unterwarf sich das durch die Kaufleute vertretene Handelskapital unmittelbar die Produktion.

Die Zünfte vermochten die Konkurrenz und die Differenzierung der Handwerker einzuschränken, solange die Warenproduktion nur schwach entwickelt war. Mit der Entwicklung des Austauschs wurde die Konkurrenz immer stärker. Die Meister, die für einen ausgedehnteren Markt arbeiteten, erreichten teils die Aufhebung der Zunftbeschränkungen, teils umgingen sie diese einfach. Sie verlängerten den Arbeitstag der Gesellen und Lehrlinge, erhöhten ihre Zahl und wandten produktivere Arbeitsmethoden an. Die reichsten Meister wurden allmählich zu Kapitalisten, die armen Meister, die Gesellen und Lehrlinge zu Lohnarbeitern.

Das Handelskapital zersetzte die Naturalwirtschaft und trug damit zur Entstehung der kapitalistischen Produktion bei. Das Handelskapital fungierte ursprünglich als Vermittler beim Austausch der Waren der Kleinproduzenten – der Handwerker und Bauern – und bei der Realisierung eines Teils des von den Feudalherren angeeigneten Mehrprodukts. In der Folgezeit begann der Kaufmann regelmäßig bei den Kleinproduzenten die von ihnen hergestellten Waren aufzukaufen und verkaufte sie dann weiter auf einem größeren Markt. Der Kaufmann wurde damit zum Aufkäufer. Mit dem Anwachsen der Konkurrenz und dem Auftreten des Aufkäufers änderte sich die Lage der Masse der Handwerker wesentlich. Die verarmten Meister waren gezwungen, den Händler und Aufkäufer um Hilfe anzugehen, der ihnen Geld, Rohstoffe und Materialien lieh unter der Bedingung, dass sie ihm die fertigen Erzeugnisse zu einem vorher festgelegten, niedrigen Preis verkauften. So gerieten die Kleinproduzenten in ökonomische Abhängigkeit vom Handelskapital. Der Aufkäufer wurde zum Verleger.

Die Ruinierung des Handwerkers führte dazu, dass der Aufkäufer ihm nicht mehr nur Rohstoffe, sondern auch Arbeitsinstrumente lieferte. So wurde der Handwerker des letzten Scheins einer selbständigen Existenz beraubt und verwandelte sich endgültig in einen Lohnarbeiter, während der Aufkäufer zum industriellen Kapitalisten wurde.

Die ehemaligen Handwerker, in der Werkstatt des Kapitalisten zusammengefasst, verrichteten gleiche Arbeit. Bald jedoch zeigte sich, dass sich einige besser für die einen Operationen, andere wiederum besser für andere Operationen eigneten. Deshalb wurde es vorteilhafter, einem jeden den Teil der Arbeit zuzuweisen, für den er das größte Geschick hatte. Somit wurde in den Werkstätten mit einer mehr oder minder bedeutenden Anzahl von Arbeitenden allmählich eine Arbeitsteilung eingeführt.

Die kapitalistischen Betriebe, in denen Lohnarbeiter auf Grundlage der Arbeitsteilung manuelle Arbeit verrichten, heißen Manufakturen.

Die ersten Manufakturen kamen schon im 14./15. Jahrhundert in Florenz und in einigen mittelalterlichen Stadtrepubliken Italiens auf. Später, im 16.-18. Jahrhundert, erlangten die Manufakturen verschiedener Produktionszweige – Tuch-, Leinen-, Seiden-, Uhren-, Waffen- und Glasmanufakturen – in allen europäischen Ländern Verbreitung.

In Russland entstanden Manufakturen im 17. Jahrhundert. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts, unter Peter I., begannen sie sich schneller zu entwickeln. Es gab Wagen-, Tuch-, Seidenmanufakturen und andere. Im Ural wurden Eisenwerke, Bergwerke und Salzsiedereien angelegt.

Zum Unterschied von den westeuropäischen Manufakturen, die auf Lohnarbeit beruhten, herrschte in den russischen Betrieben im 17./18. Jahrhundert, obzwar auch Lohnarbeit verwandt wurde, die Arbeit leibeigener Bauern und fest an den Betrieb gebundener Arbeiter vor. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts erlangten die Manufakturen, die auf Lohnarbeit beruhten, weite Verbreitung. Dieser Prozess verstärkte sich besonders in den letzten Jahrzehnten vor der Abschaffung der Leibeigenschaft.

Der Zerfallsprozess der Feudalverhältnisse ging auch auf dem Lande vor sich. Mit der Entwicklung der Warenproduktion wuchs die Macht des Geldes. Die feudalen Grundherren ersetzten die Abgaben und andere Dienstleistungen in Naturalform durch Abgaben in Geldform. Die Bauern mussten ihre Arbeitsprodukte verkaufen und das erlöste Geld dem Feudalherrn zahlen. Den Bauern fehlte ständig Geld. Das nutzten die Aufkäufer und Wucherer aus, um die Bauern zu knechten. Die feudale Unterdrückung verstärkte sich, die Lage der Leibeigenen verschlechterte sich.

Die Entwicklung der Geldverhältnisse gab der Differenzierung der Bauernschaft, d.h. ihrer Schichtung in verschiedene soziale Gruppen einen starken Anstoß. Die überwältigende Mehrheit der Bauernschaft verelendete, wurde von der alle Kräfte übersteigenden Arbeit erdrückt und verfiel dem Ruin. Daneben kamen reiche Bauern auf, die andere Bauern des Dorfes ausbeuteten, indem sie ihnen Darlehen zu knechtenden Bedingungen gaben und bei ihnen landwirtschaftliche Produkte, Vieh und Inventar zu einem Spottpreis aufkauften.

So bildete sich im Schoß der Feudalordnung die kapitalistische Produktion heraus. Es entstand der Widerspruch zwischen der sich rasch entwickelnden kapitalistischen Wirtschaftsform einerseits sowie der ökonomischen und politischen Ordnung des Feudalismus andererseits.

7. Die Aufstände der leibeigenen Bauern. Die bürgerlichen Revolutionen. Der Untergang der Feudalordnung.

Der Kampf der Bauernschaft gegen die feudalen Gutsbesitzer wurde während der ganzen Epoche des Feudalismus geführt, er verschärfte sich aber besonders gegen Ende dieser Epoche.

Frankreich wurde im 14. Jahrhundert von einem Bauernkrieg erfasst, der unter dem Namen „Jacquerie“ in die Geschichte eingegangen ist. Die aufkommende Bourgeoisie der Städte unterstützte in der ersten Zeit diese Bewegung, fiel aber im entscheidenden Augenblick von ihr ab.

In England brach gegen Ende des 14. Jahrhunderts ein Bauernaufstand aus, der einen großen Teil des Landes erfasste. Bewaffnete Bauern zogen mit Wat Tyler an der Spitze durch das ganze Land, zerstörten die Gutshöfe und die Klöster und nahmen London ein. Die Feudalherren griffen zu Gewalt und Betrug, um den Aufstand niederzuschlagen. Tyler wurde in verräterischer Weise ermordet. Den Versprechungen des Königs und der Feudalherren glaubend, kehrten die aufständischen Bauern in ihre Dörfer zurück. Danach wurden in die Dörfer Strafexpeditionen entsandt, die grausam mit den Bauern abrechneten.

Deutschland wurde zu Beginn des 16. Jahrhunderts von einem Bauernkrieg erfasst, der von den unteren Schichten der Stadtbevölkerung unterstützt wurde. An der Spitze der Aufständischen stand Thomas Müntzer. Die Bauern forderten die Beseitigung der Willkür- und Gewaltherrschaft des Adels.

In Russland waren die Bauernkriege im 17. Jahrhundert mit Stepan Rasin und im 18. Jahrhundert mit Jemeljan Pugatschow an der Spitze besonders bedeutsam. Die aufständischen Bauern forderten die Abschaffung der Leibeigenschaft, die Übergabe der Gutsbesitzer- und Kronländereien an die Bauern und die Beseitigung der Herrschaft der Gutsbesitzer. Die Verschärfung der Krise des auf der Leibeigenschaft beruhenden feudalen Wirtschaftssystems in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts kam in der mächtigen Welle der Bauernaufstände am Vorabend der Reform von 1861 zum Ausdruck.

Bauernkriege und Bauernaufstände von gewaltigem Ausmaß gab es während vieler Jahrhunderte in China. Der Taiping-Aufstand in der Epoche der Tsing-Dynastie (Mitte des 19. Jahrhunderts) erfasste Millionenmassen der Bauernschaft. Die Aufständischen nahmen die alte Hauptstadt Chinas, Nanking, ein. Das Agrargesetz der Taiping verkündete die Gleichheit in der Nutzung des Bodens und des übrigen Vermögens. In der Staatsorganisation der Taiping war die Monarchie auf eigentümliche Weise mit der Bauerndemokratie verflochten, was auch für die Bauernbewegungen anderer Länder charakteristisch war.

Die revolutionäre Bedeutung der Bauernaufstände bestand darin, dass sie die Grundpfeiler des Feudalismus erschütterten und schließlich zur Abschaffung der Leibeigenschaft führten.

Der Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus vollzog sich in den Ländern Westeuropas durch die bürgerlichen Revolutionen. Der Kampf der Bauern gegen die Gutsbesitzer wurde von der aufsteigenden Bourgeoisie ausgenutzt, um den Untergang der Feudalordnung zu beschleunigen, die auf der Leibeigenschaft beruhende Ausbeutung durch die kapitalistische Ausbeutung zu ersetzen und die Macht in ihre Hände zu nehmen. In den bürgerlichen Revolutionen machten die Bauern die Hauptmasse der Kämpfer gegen den Feudalismus aus. So war es in der ersten bürgerlichen Revolution in den Niederlanden (Holland und Belgien) im 16. Jahrhundert. So war es in der englischen Revolution des 17. Jahrhunderts, und so war es auch in der bürgerlichen Revolution in Frankreich Ende des 18. Jahrhunderts.

Die Früchte des revolutionären Kampfes der Bauernschaft eignete sich die Bourgeoisie an, die auf den Schultern der Bauernschaft zur Macht gelangt war. Die Bauern waren stark durch ihren Hass gegen die Unterdrücker. Doch die Bauernaufstände trugen spontanen Charakter. Die Bauernschaft war als Klasse kleiner Privateigentümer zersplittert und vermochte kein klares Kampfprogramm aufzustellen und keine feste, geschlossene Kampforganisation zu schaffen. Bauernaufstände können nur dann Erfolg haben, wenn sie sich mit der Arbeiterbewegung verbinden und wenn die Arbeiter die Bauernaufstände führen. Doch in der Periode der bürgerlichen Revolutionen des 17. und 18. Jahrhunderts war die Arbeiterklasse noch schwach, gering an Zahl und unorganisiert.

Im Schoße der Feudalgesellschaft waren mehr oder minder fertige Formen der kapitalistischen Formation herangereift, war eine neue Ausbeuterklasse, die Klasse der Kapitalisten, erwachsen und hatten sich zugleich damit große Menschenmassen – die Proletarier – gebildet, die der Produktionsmittel beraubt waren.

In der Epoche der bürgerlichen Revolutionen nutzte die Bourgeoisie das ökonomische Gesetz der unbedingten Übereinstimmung der Produktionsverhältnisse mit dem Charakter der Produktivkräfte gegen den Feudalismus aus, beseitigte die feudalen Produktionsverhältnisse, schuf neue, bürgerliche Produktionsverhältnisse und brachte die Produktionsverhältnisse in Übereinstimmung mit dem Charakter der Produktivkräfte, die im Schoß des Feudalismus herangereift waren. Die bürgerlichen Revolutionen beseitigten die Feudalordnung und errichteten die Herrschaft des Kapitalismus.

8. Die ursprüngliche Akkumulation des Kapitals. Die gewaltsame Verjagung der Bauern vom Grund und Boden. Die Anhäufung von Reichtümern.

Die kapitalistische Produktion hat zwei Hauptvoraussetzungen: 1. das Vorhandensein einer Masse besitzloser Menschen, die persönlich frei sind und gleichzeitig keine Produktionsmittel und keine Existenzmittel besitzen und daher gezwungen sind, sich den Kapitalisten zu verdingen, 2. die Akkumulation von Geldreichtümern, die zur Schaffung kapitalistischer Großbetriebe notwendig sind.

Wir haben gesehen, dass der Nährboden für den Kapitalismus die auf dem Privateigentum beruhende kleine Warenproduktion mit ihrer Konkurrenz war, die einige wenige reich werden ließ und die große Mehrheit der Kleinproduzenten ruinierte. Doch die Langsamkeit dieses Prozesses entsprach nicht den Bedürfnissen des neuen Weltmarktes, der durch die großen Entdeckungen Ende des 15. Jahrhunderts entstanden war. Die Entstehung der kapitalistischen Produktionsweise wurde dadurch beschleunigt, dass die Großgrundbesitzer, die Bourgeoisie und die Staatsmacht, die sich in der Hand der Ausbeuterklassen befand, Methoden der brutalsten Gewalt anwandten. Die Gewalt spielte, nach einem Ausdruck von Marx, die Rolle des Geburtshelfers, der die Geburt der neuen, kapitalistischen Produktionsweise beschleunigte.

Die bürgerlichen Gelehrten stellen die Entstehungsgeschichte der Klasse der Kapitalisten und der Klasse der Arbeiter idyllisch dar. In einer längst verflossenen Zeit, behaupten sie, hätte es ein Häuflein strebsamer und sparsamer Menschen gegeben, die durch ihre Arbeit Reichtümer anhäuften. Auf der anderen Seite hätte es eine Masse von Faulenzern und Nichtstuern gegeben, die ihr ganzes Gut durchgebracht hätten und zu besitzlosen Proletariern geworden wären.

Diese Märchen der Verteidiger des Kapitalismus haben mit der Wirklichkeit nichts gemein. In Wirklichkeit ging die Entstehung der Masse der Besitzlosen, der Proletarier, und die Akkumulation von Reichtümern in den Händen einiger weniger auf dem Wege vor sich, dass die Kleinproduzenten ihrer Produktionsmittel gewaltsam beraubt wurden. Der Prozess der Scheidung der Produzenten von den Produktionsmitteln (vom Boden, von den Produktionsinstrumenten usw.) war begleitet von einer endlosen Kette von Raubakten und Grausamkeiten. Dieser Prozess wird die ursprüngliche Akkumulation des Kapitals genannt, da er der Schaffung der kapitalistischen Großproduktion voranging.

Die kapitalistische Produktion erreichte am frühesten in England eine bedeutende Entwicklung. In diesem Lande vollzog sich seit dem Ausgang des 15. Jahrhunderts der qualvolle Prozess der gewaltsamen Verjagung der Bauern vom Grund und Boden. Der unmittelbare Anstoß dafür war die gestiegene Nachfrage nach Wolle seitens der großen Tuchmanufakturen, die zunächst in Frankreich, dann aber auch in England selbst entstanden waren. Die Gutsbesitzer fingen an, in großem Umfang Schafe zu züchten. Die Schafzucht erforderte Weiden. Die Feudalherren vertrieben die Bauern in Massen von ihren angestammten Plätzen, rissen den Boden an sich, den die Bauern zu ständiger Nutzung hatten, und verwandelten das Ackerland in Weideland.

Die Bauern wurden mit verschiedenen Methoden von ihrem Boden vertrieben, vor allem durch direkten Raub des Gemeindelandes. Die Gutsbesitzer hegten diesen Boden ein, rissen die Bauernhäuser nieder und siedelten die Bauern gewaltsam aus. Versuchten die Bauern, das ihnen ungesetzlich fortgenommene Land wieder in ihren Besitz zu bringen, dann kam dem Feudalherrn die bewaffnete Streitmacht des Staates zu Hilfe. Die Staatsmacht begann im 18. Jahrhundert Gesetze über die „Einhegung der Ländereien“ zu erlassen und sanktionierte damit die Ausplünderung der Bauern.

Die ruinierten und ausgeplünderten Bauern bildeten eine unübersehbare Menge von besitzlosen Paupers, welche die Städte, Dörfer und Straßen Englands füllten. Da sie keine Existenzmittel besaßen, bettelten sie. Die Staatsmacht griff zur Blutgesetzgebung gegen die Expropriierten. Diese Gesetze waren außerordentlich grausam. So wurden unter der Regierung des englischen Königs Heinrich VIII. (16. Jahrhundert) rund 72000 Menschen wegen „Vagabundage“ hingerichtet. Im 18. Jahrhundert wurden die „Vagabunden“ und Obdachlosen nicht mehr hingerichtet, sondern in „Arbeitshäuser“ gesperrt, die sich den traurigen Ruhm von „Schreckenshäusern“ erwarben. So suchte die Bourgeoisie die des Bodens beraubte und zu Vagabunden gemachte Dorfbevölkerung an die Disziplin der Lohnarbeit zu gewöhnen.

Im zaristischen Russland, das später als die anderen europäischen Länder den Weg der kapitalistischen Entwicklung betrat, erfolgte die Scheidung des Produzenten von den Produktionsmitteln mit den gleichen Methoden wie in den anderen Ländern. Im Jahre 1861 war die zaristische Regierung unter dem Druck der Bauernerhebungen gezwungen, die Leibeigenschaft aufzuheben.

Diese Reform war eine großangelegte Ausraubung der Bauern. Die Gutsbesitzer rissen zwei Drittel des Bodens an sich und ließen den Bauern nur ein Drittel zur Nutzung. Die besten Landstücke sowie in vielen Fällen die Weiden, Tränken, Feldwege usw., die die Bauern in Nutzung hatten, wurden den Bauern von den Gutsbesitzern weggenommen, „abgeschnitten“. In den Händen der Gutsbesitzer wurden diese Boden›abschnitte‹ zu einem Mittel der Knechtung der Bauern, die nun gezwungen waren, diese Landstücke zu schwersten Bedingungen bei den Gutsbesitzern zu pachten. Das Gesetz, das die persönliche Freiheit der Bauern verkündete, behielt zeitweilig die Fronarbeit und die Naturalabgaben bei. Der Bauer musste für den erhaltenen kleineren Bodenanteil dem Gutsbesitzer diese Frondienste so lange leisten, bis der Boden losgekauft war. Die Höhe der Ablösegelder wurde nach künstlich in die Höhe getriebenen Bodenpreisen berechnet und betrug etwa zwei Milliarden Rubel.

Die Bauernreform von 1861 charakterisierend, schrieb Lenin: „Das ist die erste Massenvergewaltigung der Bauernschaft im Interesse des in der Landwirtschaft entstehenden Kapitalismus. Es ist eine gutsbesitzerliche ›Bodensäuberung‹ für den Kapitalismus.“[27]

Die Verjagung der Bauern vom Grund und Boden zeigte ein doppeltes Ergebnis. Einerseits wurde der Boden Privateigentum eines verhältnismäßig kleinen Häufleins von Grundbesitzern. Das ständische Feudaleigentum am Grund und Boden verwandelte sich in bürgerliches Eigentum. Anderseits wurde gewährleistet, dass freie Arbeiter, die bereit waren, sich den Kapitalisten zu verdingen, massenhaft in die Industrie strömten.

Zur Entstehung der kapitalistischen Produktion war neben dem Vorhandensein billiger Arbeitskräfte die Akkumulation großer Geldreichtümer in den Händen weniger notwendig, die in beliebige Produktionsmittel verwandelt und zum Anstellen von Arbeitern verwendet werden konnten.

Im Mittelalter wurden von den Händlern und Wucherern große Geldreichtümer akkumuliert. Diese Reichtümer waren später die Grundlage für die Errichtung vieler kapitalistischer Betriebe.

Die Unterwerfung Amerikas, die von der massenhaften Ausplünderung und Ausrottung der einheimischen Bevölkerung begleitet war, brachte den Eroberern unermessliche Reichtümer, die durch die Ausbeutung der überaus reichen Vorkommen an Edelmetallen noch rascher zu wachsen begannen. Für die Erzgruben brauchte man Arbeitskräfte. Die einheimische Bevölkerung, die Indianer, ging bei der Zwangsarbeit in Massen zugrunde, weil sie die zuchthausartigen Arbeitsbedingungen nicht aushielt. Die europäischen Kaufleute organisierten in Afrika eine Jagd auf Menschen, die nach allen Regeln der Raubtierjagd betrieben wurde. Der Handel mit aus Afrika ausgeführten Menschen, die zu Sklaven gemacht wurden, war außerordentlich vorteilhaft. Die Profite der Sklavenhändler erreichten märchenhafte Ausmaße. Auf den Baumwollplantagen Amerikas wurde die Sklavenarbeit in breitestem Maße verwendet.

Eine der wesentlichsten Quellen der Bildung großer Vermögen war auch der Kolonialhandel. Für den Handel mit Indien organisierten holländische, englische und französische Kaufleute ostindische Kompanien. Diese Kompanien wurden von ihren Regierungen unterstützt. Ihnen wurde das Monopol für den Handel mit den aus den Kolonien eingeführten Waren und das Recht der uneingeschränkten Ausbeutung der Kolonien unter Anwendung jeglicher Gewaltmaßnahmen eingeräumt. Die Profite der ostindischen Kompanien erreichten mehrere Hundert Prozent im Jahr. In Russland brachten der räuberische Handel mit der Bevölkerung Sibiriens und das auf Ausplünderung der Bevölkerung berechnete System der Branntweinpacht den Kaufleuten ungeheure Profite ein. Dieses System bestand darin, dass der Staat Privatunternehmern für eine bestimmte Summe das Recht der Erzeugung und des Verkaufs von Branntwein überließ.

Dadurch wurden gewaltige Geldreichtümer in den Händen des Handels- und Wucherkapitals konzentriert. So wurden durch Ausplünderung und Ruinierung der Masse der Kleinproduzenten die Geldreichtümer akkumuliert, die notwendig waren, um große kapitalistische Betriebe zu schaffen. Marx schrieb, diesen Prozess charakterisierend, dass das „Kapital von Kopf bis Zeh, aus allen Poren, blut- und schmutztriefend“[28] zur Welt kommt.

9. Die ökonomischen Anschauungen der Epoche des Feudalismus

In den ökonomischen Anschauungen der Epoche des Feudalismus spiegelte sich die zu jener Zeit herrschende Ordnung der gesellschaftlichen Verhältnisse wider. In der Feudalgesellschaft stand das gesamte geistige Leben unter der Kontrolle der Geistlichkeit und entwickelte sich in religiös-scholastischer Form. Daher bildeten die Abhandlungen über das wirtschaftliche Leben jener Zeit besondere Abschnitte in den theologischen Traktaten.

Die ökonomischen und anderen Anschauungen der Epoche des Feudalismus standen in China viele Jahrhunderte lang unter dem Einfluss des Konfuzius. Die Lehre des Konfuzius war als religiöse Ideologie bereits im 5. Jahrhundert v.u.Z. entstanden. Die sozialökonomischen Anschauungen des Konfuzianismus laufen auf die Heiligung des einheitlichen Feudalstaates unter der Macht eines Monarchen hinaus und verlangen strenge Wahrung der feudalen Ständehierarchie sowohl im Staatsaufbau als auch im Familienleben. Nach den Worten des Konfuzius müssen sich „die unwissenden Menschen den Aristokraten und Weisen unterwerfen. Widersetzlichkeit des niederen Volkes gegenüber den Höheren ist der Anfang der Unordnung.“ Konfuzius und seine Nachfolger idealisierten die rückständigsten, konservativsten Wirtschaftsformen und verteidigten dabei die Interessen der feudalen Ausbeuter. Sie verherrlichten das „goldene Zeitalter“ der patriarchalischen alten Zeit. Der Konfuzianismus wurde in seiner Entwicklung zur offiziellen Ideologie des Feudaladels.

Einer der Ideologen des Feudalismus im mittelalterlichen Europa, Thomas von Aquino (13. Jahrhundert), suchte die Notwendigkeit der Feudalgesellschaft durch das göttliche Gesetz zu begründen. Thomas von Aquino, der das Feudaleigentum als notwendig und vernünftig proklamierte und die leibeigenen Bauern für Sklaven erklärte, behauptete im Gegensatz zu den alten Sklavenhaltern, dass „der Sklave in seinem Geiste frei“ sei und dass daher der Herr nicht das Recht habe, den Sklaven zu töten. Die Arbeit galt nicht mehr als eines freien Menschen unwürdig. Thomas von Aquino betrachtete die körperliche Arbeit als niedrige, die geistige Arbeit aber als edle Arbeit. In dieser Unterteilung erblickte er die Grundlage für die Ständeteilung der Gesellschaft. In seinen Auffassungen vom Reichtum kam die gleiche ständisch-feudale Einstellung zum Ausdruck. Jeder Mensch müsse entsprechend der Stellung, die er auf der feudalen hierarchischen Stufenleiter einnimmt, Reichtum besitzen. Für diesen Standpunkt ist die Lehre der mittelalterlichen Theologen vom sogenannten „gerechten“ Preis charakteristisch. Der „gerechte“ Preis müsse die Menge der für die Produktion einer Ware aufgewandten Arbeit und die Standesstellung des Produzenten widerspiegeln.

Die mittelalterlichen Verfechter des „gerechten“ Preises erhoben keinerlei Einwände gegen den Kaufmannsprofit. Sie suchten nur den Profit in einen solchen Rahmen zu bringen, dass er die wirtschaftliche Existenz der anderen Stände nicht bedrohte. Sie verurteilten den Wucher als niedrige und unmoralische Beschäftigung. Doch mit der Entwicklung der Warenproduktion und des Austauschs begann die Geistlichkeit selbst an Wucheroperationen teilzunehmen; gleichzeitig wurde die Stellung der Kirche zum Wucher immer toleranter.

Der Klassenkampf der unterdrückten und ausgebeuteten Massen gegen die herrschenden Klassen der Feudalgesellschaft wurde jahrhundertelang in religiöser Form geführt. Die Forderungen der ausgebeuteten Bauern und Handwerksgesellen wurden häufig mit Zitaten aus der Bibel begründet. Große Verbreitung hatten alle möglichen Sekten. Die katholische Kirche, die Inquisition verfolgte die „Ketzer“ grausam und verbrannte sie auf dem Scheiterhaufen.

Mit der weiteren Entwicklung des Klassenkampfes trat die religiöse Form der Bewegung der unterdrückten Massen in den Hintergrund, und der revolutionäre Charakter dieser Bewegung trat immer klarer zutage. Die Bauern forderten die Abschaffung der Leibeigenensklaverei, die Beseitigung der feudalen Privilegien, die Herstellung der Gleichberechtigung, die Abschaffung der Stände usw.

Im Verlauf der Bauernkriege in England, Böhmen und Deutschland nahmen die Losungen der Aufständischen immer radikaleren Charakter an. Das Streben der ausgebeuteten Massen in Stadt und Land nach Gleichheit äußerte sich in der Forderung nach Gütergemeinschaft. Das war das Streben nach Gleichheit auf dem Gebiet der Konsumtion. Obwohl die Forderung nach Gütergemeinschaft undurchführbar war, hatte sie in jener historischen Epoche revolutionäre Bedeutung, da sie die Massen zum Kampf gegen die feudale Unterdrückung mobilisierte.

In den Büchern dieser Utopisten wird eine Gesellschaftsordnung geschildert, in der es kein Privateigentum gibt und die frei ist von allen Lastern, die die Begleiterscheinungen des Privateigentums sind. Jedes Mitglied dieser Gesellschaft befasst sich sowohl mit handwerklicher als auch mit landwirtschaftlicher Arbeit. Alle Mitglieder der Gesellschaft arbeiten sechs oder sogar nur vier Stunden am Tage, und die Früchte ihrer Arbeit reichen völlig aus, um alle ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Die Produkte werden nach den Bedürfnissen verteilt. Die Erziehung der Kinder ist Angelegenheit der Gesellschaft.

Gegen Ausgang der Epoche des Feudalismus traten zwei hervorragende frühe utopische Sozialisten hervor, der Engländer Thomas Morus, der das Buch „Utopia“ schrieb (16. Jahrhundert), und der Italiener Tomas Campanella, der das Buch „Der Sonnenstaat“ verfasste (17. Jahrhundert). Angesichts der wachsenden Ungleichheit und der Widersprüche der damaligen Gesellschaft legten diese Denker in eigentümlicher Form ihre Auffassungen von den Ursachen des gesellschaftlichen Elends dar: sie beschrieben eine ihrer Meinung nach ideale Gesellschaftsordnung, in der dieses Elend beseitigt würde.

Die Werke von Morus und Campanella haben in der Entwicklung der gesellschaftlichen Anschauungen eine progressive Rolle gespielt. Sie enthielten Ideen, die der Entwicklung der Gesellschaft jener Zeit bedeutend vorauseilten. Doch Morus und Campanella kannten nicht die Gesetze der gesellschaftlichen Entwicklung, ihre Ideen waren nicht zu verwirklichen, waren utopisch. Zu jener Zeit war es nicht möglich, die gesellschaftliche Ungleichheit zu beseitigen; die Abschaffung der Ausbeutung stand noch nicht auf der geschichtlichen Tagesordnung. Der Stand der Produktivkräfte forderte den Übergang vom Feudaleigentum zum kapitalistischen Eigentum, von der feudalen Ausbeutung zur kapitalistischen.

Die Entstehung des Kapitalismus fällt in das 16. Jahrhundert. In dem gleichen Jahrhundert wurden auch die ersten Versuche gemacht, verschiedene Erscheinungen des Kapitalismus zu begreifen und zu erklären. So entstand und entwickelte sich im 16.-19. Jahrhundert eine Richtung in der Ökonomie und in der Politik, die unter der Bezeichnung Merkantilismus bekannt ist. Der Merkantilismus entstand in England und trat später in Frankreich, Italien und in anderen Ländern auf. Die Merkantilisten warfen das Problem des Reichtums des Landes, der Formen des Reichtums und der Wege seines Wachstums auf.

Das war die Zeit, als das Kapital – in Form des Handels- und Wucherkapitals – in der Sphäre des Handels und des Kreditwesens herrschte. Auf dem Gebiet der Produktion hingegen machte es lediglich die ersten Schritte, indem es die Manufakturen gründete. Nach der Entdeckung und Eroberung Amerikas ergoss sich ein Strom von Edelmetallen nach Europa. Das Gold und das Silber wurden in der Folgezeit zwischen den einzelnen europäischen Staaten sowohl durch Kriege als auch durch den Außenhandel ununterbrochen neu aufgeteilt.

Die Merkantilisten gingen in ihrer Auffassung von der Natur des Reichtums von den Oberflächenerscheinungen der Zirkulation aus. Sie konzentrierten ihre Aufmerksamkeit nicht auf die Produktion, sondern auf den Handel und den Geldumlauf, insbesondere auf die Bewegung des Goldes und des Silbers.

In den Augen der Merkantilisten war der einzige wirkliche Reichtum nicht die gesellschaftliche Produktion und ihre Produkte, sondern das Geld – Gold und Silber. Die Merkantilisten forderten vom Staat eine aktive Einmischung in das Wirtschaftsleben, damit möglichst viel Geld in das Land hineinflösse und möglichst wenig Geld aus dem Land herausgehe. Die frühen Merkantilisten wollten dies durch rein administrative Maßnahmen erreichen, durch Verbot der Ausfuhr von Geld aus dem Lande. Die Merkantilisten der späteren Zeit hielten es für notwendig, zu diesem Zweck den Außenhandel zu erweitern. So schrieb ein englischer Vertreter des Merkantilismus, Thomas Mun (1571-1641), Großkaufmann und Direktor der Ostindischen Kompanie: „Das übliche Mittel, unseren Reichtum und unsere Schätze zu vermehren, ist der Außenhandel, bei dem wir uns stets an die Regel halten müssen, dass wir den Ausländern jährlich für eine größere Summe Waren verkaufen müssen, als wir von ihnen Waren verbrauchen.“

Die Merkantilisten brachten die Interessen der sich im Schoß des Feudalismus herausbildenden Bourgeoisie zum Ausdruck, die Reichtum in Form von Gold und Silber durch Entwicklung des Außenhandels, durch Ausplünderung der Kolonien, durch Handelskriege und durch Versklavung der rückständigen Völker anzuhäufen trachtete. Im Zusammenhang mit der Entwicklung des Kapitalismus begannen sie zu fordern, dass die Staatsmacht die Entwicklung der Industriebetriebe, der Manufakturen, begünstige. Es wurden Ausfuhrprämien ausgesetzt, die an die Kaufleute gezahlt wurden, welche Waren auf dem äußeren Markt verkauften. Noch größere Bedeutung erlangten bald die Einfuhrzölle. Mit der Entwicklung der Manufakturen, später der Fabriken wurde die Belegung der Importwaren mit Zöllen zur verbreitetsten Maßnahme des Schutzes der einheimischen Industrie gegen die ausländische Konkurrenz.

Eine solche Schutzpolitik wird Protektionismus genannt. In vielen Ländern wurde diese Politik noch lange Zeit beibehalten, nachdem die Auffassungen des Merkantilismus längst überwunden waren.

Für England waren im 16. und 17. Jahrhundert, als es von der Konkurrenz der entwickelteren Manufakturen der Niederlande bedroht war, die Schutzzölle von großer Bedeutung. Seit dem 18. Jahrhundert errang sich England die sichere industrielle Vormachtstellung. Die anderen, weniger entwickelten Länder konnten mit ihm nicht konkurrieren. Im Zusammenhang damit begannen sich in England die Ideen des Freihandels Bahn zu brechen.

Eine andere Lage entstand in den Ländern, die später als England den kapitalistischen Weg beschritten. So schuf in Frankreich im 17. Jahrhundert der Minister Ludwigs XIV., Colbert, der das Land faktisch regierte, ein weitverzweigtes System der staatlichen Förderung der Manufakturen. Sein System umfasste: hohe Einfuhrzölle, das Verbot der Ausfuhr von Rohstoffen, die Schaffung verschiedener neuer Wirtschaftszweige, die Bildung von Gesellschaften für den Außenhandel usw.

Der Merkantilismus spielte eine für die damalige Zeit progressive Rolle. Die protektionistische Politik, von den Ideen des Merkantilismus inspiriert, trug nicht wenig zur Verbreitung der Manufakturen bei. Doch spiegelte sich in den Auffassungen der Merkantilisten vom Reichtum die damalige Unentwickeltheit der kapitalistischen Produktion wider. Die weitere Entwicklung des Kapitalismus ließ die Haltlosigkeit der Vorstellungen des Merkantilsystems immer deutlicher hervortreten.

In Russland herrschte im 17. und 18. Jahrhundert das auf Leibeigenschaft beruhende feudale Wirtschaftssystem. Ihrer Grundlage nach war die Wirtschaft Naturalwirtschaft. Gleichzeitig entwickelten sich bedeutend der Handel und das Handwerk, bildete sich ein nationaler Markt, entstanden Manufakturen. Diese ökonomischen Veränderungen im Lande trugen zur Festigung des Absolutismus in Russland bei.

Die Vertreter des russischen ökonomischen Denkens, die die historischen und ökonomischen Besonderheiten des Landes zum Ausdruck brachten, entwickelten einige Ideen des Merkantilismus. Doch zum Unterschied von vielen westeuropäischen Merkantilisten maßen sie nicht nur dem Handel, sondern auch der Entwicklung der Industrie und der Landwirtschaft große Bedeutung bei.

Die ökonomischen Anschauungen jener Zeit fanden ihren Ausdruck in den Arbeiten und den Maßnahmen des russischen Staatsmannes des 17. Jahrhunderts A. L. Ordyn-Naschtschokins, in der Wirtschaftspolitik Peters I., in den Arbeiten des bedeutenden russischen Ökonomen zu Beginn des 18. Jahrhunderts, I. T. Possoschkows.

In seinem „Buch über Armut und Reichtum“ (1724) legte I. T. Possoschkow ein umfangreiches Programm der wirtschaftlichen Entwicklung Russlands dar und begründete es eingehend. Possoschkow wies die Notwendigkeit nach, in Russland eine Reihe von wirtschaftlichen Maßnahmen mit dem Zweck durchzuführen, die Entwicklung der einheimischen Industrie, des Handels und der Landwirtschaft zu fördern und das Finanzsystem des Landes zu verbessern.

Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts zeigte sich in Russland eine Tendenz des Zerfalls der auf Leibeigenschaft beruhenden Feudalverhältnisse, die sich im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts bedeutend verstärkte und später in eine direkte Krise des Leibeigenschaftssystems hinüberwuchs.

Der Begründer der revolutionär-demokratischen Richtung in den gesellschaftlichen Anschauungen Russlands, A. N. Radischtschew (1749-1802), war ein hervorragender Ökonom seiner Zeit. Er trat entschieden gegen die Leibeigenschaft auf, setzte sich für die unterdrückte Bauernschaft ein und übte eine vernichtende Kritik an dem System der Leibeigenschaft, entlarvte den ausbeuterischen Charakter des Reichtums der feudalen Gutsbesitzer, der Manufakturbesitzer und der Kaufleute und begründete das Eigentumsrecht am Grund und Boden für alle, die ihn durch ihre Arbeit bestellen. Radischtschew war fest davon überzeugt, dass Selbstherrschaft und Leibeigenschaft nur auf revolutionärem Wege beseitigt werden können. Er arbeitete ein für seine Zeit fortschrittliches System ökonomischer Maßnahmen aus, deren Durchführung den Übergang Russlands zur bürgerlich-demokratischen Ordnung gewährleistet hätte.

Die Dekabristen, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auftraten, waren die revolutionären Repräsentanten jener historischen Periode in Russland, da die Notwendigkeit der Ablösung des Feudalismus durch den Kapitalismus heranreifte. Sie richteten die Spitze ihrer Kritik gegen die Leibeigenschaft. Als leidenschaftliche Kämpfer für die Entwicklung der Produktivkräfte Russlands hielten sie für die wichtigste Bedingung dieser Entwicklung die Abschaffung der Leibeigenschaft, die Befreiung der Bauern. Die Dekabristen stellten nicht nur die Losung des Kampfes gegen Leibeigenschaft und Selbstherrschaft auf, sondern organisierten auch den bewaffneten Aufstand gegen die absolutistische Monarchie. P. I. Pestel (1793-1826) arbeitete ein originelles Projekt zur Lösung der Agrarfrage in Russland aus. In dem von Pestel verfaßten Entwurf einer Art Verfassung, unter dem Titel »Russkaja Prawda« [Russisches Recht], war die unverzügliche und völlige Befreiung der Bauern aus der Leibeigenschaft vorgesehen, ferner ökonomische Maßnahmen, die dem Schutz der Interessen der Bauern auch in der Zukunft galten. Dazu hielt es Pestel für notwendig, einen besonderen gesellschaftlichen Bodenfonds zu schaffen, aus dem jeder Bauer unentgeltlich den Boden, den er für seine Existenz brauchte, zur Nutzung erhalten sollte. Dieser Fonds sollte aus einem Teil des Bodens der Gutsbesitzer und des Fiskus gebildet werden, wobei den größten Gutsbesitzern ein Teil ihres Bodens entschädigungslos weggenommen werden sollte. Die Dekabristen standen als Revolutionäre, die dem Adel entstammten, dem Volk fern, doch ihre Ideen vom Kampf gegen die Leibeigenschaft förderten das Anwachsen der revolutionären Bewegung in Russland.

Unter den Verhältnissen des Zerfalls des Feudalismus und der Entstehung der kapitalistischen Formation bildete sich die Ideologie der nach Herrschaft strebenden Bourgeoisie heraus. Diese Ideologie war gegen die Feudalordnung und gegen die Religion als ideologische Waffe der Feudalherren gerichtet. Infolgedessen trug die Weltanschauung der um die Macht kämpfenden Bourgeoisie in verschiedenen Ländern fortschrittlichen Charakter. Ihre bedeutendsten Vertreter – Ökonomen wie Philosophen — unterzogen alle Grundlagen der Feudalgesellschaft: die ökonomischen, politischen, religiösen, philosophischen und moralischen, einer vernichtenden Kritik. Sie spielten eine bedeutende Rolle bei der ideologischen Vorbereitung der bürgerlichen Revolution und übten auf die Entwicklung von Wissenschaft und Kunst einen fortschrittlichen Einfluss aus.

10. Kurze Zusammenfassung

1. Der Feudalismus entstand auf dem Boden des Zerfalls der Urgesellschaft oder der Sklavenhaltergesellschaft. Der Stammesadel und die Heerführer der Stämme rissen große Ländereien an sich und verteilten sie unter ihre Vertrauten. Die freien Bauern wurden allmählich zu Leibeigenen gemacht.

2. Die Grundlage der Produktionsverhältnisse der Feudalgesellschaft war das Eigentum des Feudalherrn am Grund und Boden und das beschränkte Eigentum an den Produzenten, den leibeigenen Bauern. Neben dem Feudaleigentum bestand das individuelle Eigentum des Bauern und des Handwerkers, das auf persönlicher Arbeit beruhte. Die Arbeit der leibeigenen Bauern war die Existenzgrundlage der Feudalgesellschaft. Die auf Leibeigenschaft beruhende Ausbeutung äußerte sich darin, dass die Bauern gezwungen waren, für den Feudalherrn Fronarbeit zu leisten oder ihm Abgaben in Natural- und Geldform zu zahlen. Die auf Leibeigenschaft beruhende Abhängigkeit war für den Bauern häufig kaum weniger schwer als die Sklaverei. Doch bot die Ordnung der Leibeigenschaft gewisse Möglichkeiten zur Entwicklung der Produktivkräfte, da der Bauer eine bestimmte Zeit in seiner eigenen Wirtschaft arbeiten konnte und damit in bestimmtem Maße an seiner Arbeit interessiert war.

3. Das ökonomische Grundgesetz des Feudalismus besteht in der Aneignung des Mehrprodukts durch die Feudalherren für ihre parasitäre Konsumtion durch Ausbeutung der abhängigen Bauern auf der Grundlage des Eigentums des Feudalherrn am Grund und Boden und des beschränkten Eigentums des Feudalherrn an den Leibeigenen.

4. Die herrschenden Stände der Feudalgesellschaft waren Adel und Geistlichkeit. Der Stand der Bauern besaß keine politischen Rechte. Die gesamte Geschichte der Feudalgesellschaft war erfüllt vom Klassenkampf zwischen den Bauern und den Feudalherren. Der Feudalstaat, der die Interessen des Adels und der Geistlichkeit zum Ausdruck brachte, war eine aktive Kraft, die ihnen half, sich das Recht des feudalen Eigentums am Grund und Boden zu sichern und die Ausbeutung der rechtlosen und unterdrückten Bauern zu verstärken.

5. In der Epoche des Feudalismus spielte die Landwirtschaft die vorherrschende Rolle, wobei die Wirtschaft im wesentlichen Naturalwirtschaft war. Mit der Entwicklung der gesellschaftlichen Arbeitsteilung und des Austausches lebten die alten Städte auf, die nach dem Untergang der Sklavenhaltergesellschaft erhalten geblieben waren, und es entstanden neue Städte. Die Städte waren die Zentren des Handwerks und des Handels. Das Handwerk war ständisch in Zünften organisiert, die Kaufleute vereinigten sich in Kaufmannsgilden.

6. Die Entwicklung der Warenproduktion, die die Naturalwirtschaft zersetzte, führte zur Differenzierung der Bauern und Handwerker. Das Handelskapital beschleunigte den Zerfall des Handwerks und förderte die Entstehung kapitalistischer Betriebe, der Manufakturen. Die feudalen Beschränkungen und die feudale Zersplitterung hemmten das Wachstum der Warenproduktion. Im Verlauf der weiteren Entwicklung bildete sich der nationale Markt. Es entstand der zentralisierte Feudalstaat in Gestalt der absolutistischen Monarchien.

7. Die ursprüngliche Akkumulation des Kapitals bereitete die Bedingungen für die Entstehung des Kapitalismus vor. Riesige Massen von Kleinproduzenten – Bauern und Handwerker – wurden der Produktionsmittel beraubt. Die großen Geldreichtümer, die in den Händen der großen Grundeigentümer, der Kaufleute und Wucherer konzentriert waren, waren durch die gewaltsame Verjagung der Bauern vom Grund und Boden, durch den Kolonialhandel, durch Steuern und Sklavenhandel geschaffen worden. So wurde die Herausbildung der Hauptklassen der kapitalistischen Gesellschaft beschleunigt: der Lohnarbeiter und der Kapitalisten. Im Schoße der Feudalgesellschaft waren mehr oder minder fertige Formen der kapitalistischen Formation herangewachsen und herangereift.

8. Die Produktionsverhältnisse des Feudalismus, die niedrige Produktivität der unfreien Arbeit der leibeigenen Bauern und die Zunftbeschränkungen hemmten die weitere Entwicklung der Produktivkräfte. Die Aufstände der leibeigenen Bauern erschütterten die Feudalordnung und führten zur Abschaffung der Leibeigenschaft. An die Spitze des Kampfes für den Sturz des Feudalismus trat die Bourgeoisie. Sie nutzte den revolutionären Kampf der Bauern gegen die Feudalherren aus, um die Macht in ihre Hände zu nehmen. Die bürgerlichen Revolutionen beseitigten die Feudalordnung und begründeten die Herrschaft des Kapitalismus, sie gaben der Entwicklung der Produktivkräfte freie Bahn.