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Warenproduktion, Wertgesetz und Geld im Sozialismus

1. Warenproduktion in der Übergangsperiode.
2. Notwendigkeit der Warenproduktion im Sozialismus und ihre Besonderheiten.
3. Gebrauchswert und Wert der Ware in der sozialistischen Wirtschaft.
4. Charakter des Wirkens des Wertgesetzes im Sozialismus.
5. Das Geld und seine Funktionen in der sozialistischen Wirtschaft.
6. Kurze Zusammenfassung

1. Warenproduktion in der Übergangsperiode.

Nach der sozialistischen Revolution sind noch nicht alle Produktionsmittel gesellschaftliches Eigentum. Nationalisiert werden die wichtigsten Produktionsmittel, die Kommandohöhen der Wirtschaft, die den Sektor der sozialistischen Produktion bilden. Neben der nationalisierten Großindustrie, die staatlich planmäßig geleitet wird, bestehen während der Übergangsperiode noch andere Formen des Eigentums an Produktionsmitteln. Entsprechend den jeweiligen historischen und nationalen Bedingungen kann der nichtsozialistische Sektor verschieden gegliedert sein. Auf jeden Fall werden während der Übergangsperiode kleine Warenproduktion (Bauern, Handwerker, Dienstleister) und privatkapitalistische kleine und mittlere Betriebe bestehen.

Diese verschiedenen Eigentumsformen bedingen das Weiterbestehen der Warenproduktion. Die Freiheit des Marktes wird durch administrative Maßnahmen und ökonomisch durch den ständig wachsenden sozialistischen Sektor eingeschränkt. Die Planmäßigkeit löst zunehmend die Marktanarchie ab.

2. Notwendigkeit der Warenproduktion im Sozialismus und ihre Besonderheiten.

Mit der Durchsetzung der sozialistischen Produktionsweise und der Herausbildung der zwei Formen des sozialistischen Eigentums (staatliches und genossenschaftliches) bestehen weiter zwei Eigentumsformen, das gesamtgesellschaftliche Eigentum in der Industrie und Gruppeneigentum in Landwirtschaft (Kollektivwirtschaften) und Gewerbe (Handwerks- und Dienstleistungsgenossenschaften). Der Austausch zwischen diesen beiden Formen des Eigentums bedingt weiter Warenproduktion auf Basis der sozialistischen Planwirtschaft. In den staatlichen Betrieben sind die Produktionsmittel und die Produkte Volkseigentum. In den Kollektivwirtschaften sind die Produktionsmittel (Arbeits- und Nutzvieh, landwirtschaftliches Inventar, Wirtschaftsgebäude usw.) sowie die von den Kollektivwirtschaften erzeugten Produkte Gruppeneigentum, kollektivwirtschaftlich-genossenschaftliches Eigentum. Die grundlegenden und entscheidenden landwirtschaftlichen Produktionsmittel (der Boden und die Maschinen der MTS) sind Eigentum des Staates. Da die Produkte der staatlichen Betriebe dem sozialistischen Staat, die kollektivwirtschaftlichen Produkte aber den Kollektivwirtschaften gehören, ist der Austausch durch Kauf und Verkauf die unerlässliche Form der wirtschaftlichen Verbindung zwischen Industrie und Landwirtschaft. Hier, wie bei jedem Kauf und Verkauf, verliert der Warenbesitzer das Eigentumsrecht an der Ware, während der Käufer Eigentümer dieser Ware wird.

Lenin schrieb: „Weder Ablieferungspflicht, noch Steuer, sondern Austausch der Produkte der (,sozialisierten’) Großindustrie gegen die bäuerlichen Erzeugnisse, das ist das ökonomische Wesen des Sozialismus“[167]; er hob hervor, dass der Warenaustausch eine Kontrolle der richtigen Wechselbeziehungen zwischen Industrie und Landwirtschaft darstellt. Diese Leitsätze Lenins behalten ihre Bedeutung für die gesamte erste Phase des Kommunismus. Der sozialistische Staat erwirbt Lebensmittel für die städtische Bevölkerung und Rohstoffe für die Industrie hauptsächlich von den Kollektivwirtschaften und den Kollektivbauern durch Erfassung und Aufkauf. Die Kollektivwirtschaften und die Kollektivbauern können sich ihrerseits die für den Erwerb von Industrieerzeugnissen notwendigen Geldmittel nur durch Verkauf ihrer Warenproduktion an den Staat, an die Genossenschaften und auf dem kollektivwirtschaftlichen Markt verschaffen.

Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Rohstoffe, die der Staat im Wege der Erfassung und des Aufkaufs von den Kollektivwirtschaften erhält, sowie die auf den kollektivwirtschaftlichen Märkten verkauften landwirtschaftlichen Produkte bleiben also Waren. Waren sind ferner die Industrieerzeugnisse, vor allem Gegenstände des persönlichen Bedarfs, die von den staatlichen Betrieben hergestellt und von den Kollektivwirtschaften und den Kollektivbauern gekauft werden. Da die Gegenstände des persönlichen Bedarfs warenförmig sind, erhält sie auch die städtische Bevölkerung durch Kauf und Verkauf.

Im Sozialismus ist die Warenproduktion keine gewöhnliche, sondern eine Warenproduktion besonderer Art. Es handelt sich um eine Warenproduktion ohne Privateigentum an den Produktionsmitteln und ohne Kapitalisten. Sie liegt hauptsächlich in den Händen vereinigter sozialistischer Produzenten (Staat, Kollektivwirtschaften, Genossenschaften). Angesichts so entscheidender ökonomischer Bedingungen, wie sie das gesellschaftliche Eigentum an den Produktionsmitteln, die Liquidierung des Systems der Lohnarbeit und der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen darstellen, sind der Warenproduktion im Sozialismus bestimmte Grenzen gesetzt. In der sozialistischen Gesellschaft hat die Warenproduktion keine unbegrenzte und allumfassende Verbreitung. Der Bereich der Warenproduktion und der Warenzirkulation beschränkt sich vor allem auf Gegenstände des persönlichen Bedarfs.

In der sozialistischen Gesellschaft ist die Arbeitskraft keine Ware. Der Boden und die Bodenschätze sind staatliches Eigentum und können nicht Gegenstand des Kaufs und Verkaufs oder der Pacht sein. Die staatlichen Betriebe - Werke, Fabriken, Gruben, Kraftwerke mit ihren Produktionsanlagefonds (Produktionsinstrumente, Gebäude, Ausrüstungen usw.) können weder verkauft noch gekauft, sondern lediglich durch besondere Verfügung von der einen staatlichen Organisation an eine andere übergeben werden; sie sind folglich keine Waren, keine Objekte des Kaufs und Verkaufs.

Die im staatlichen Sektor erzeugten Produktionsmittel - Maschinen, Werkzeugmaschinen, Metall, Kohle, Erdöl usw. – sind keine Waren; sie werden nicht verkauft, sondern auf die staatlichen Betriebe verteilt. In den Volkswirtschaftsplänen werden jedem Betrieb die seinem Produktionsprogramm entsprechenden materiellen Fonds zugewiesen. Diese Fonds werden von den Erzeugerbetrieben an die Verbraucherbetriebe auf Grund der zwischen ihnen abgeschlossenen Verträge geliefert. Beim Übergang von Produktionsmitteln an einen Betrieb behält der sozialistische Staat das volle Eigentumsrecht an diesen Produktionsmitteln. Die Direktoren der Betriebe, die vom sozialistischen Staat Produktionsmittel erhalten, werden keineswegs deren Eigentümer, sondern sind Bevollmächtigte des Staates und haben diese Produktionsmittel nach den staatlichen Plänen zu verwenden.

Die Kollektivwirtschaften hingegen kaufen Kraftwagen, Ausrüstungen für ihre gesellschaftliche Wirtschaft und einfachste landwirtschaftliche Maschinen und Geräte als Waren. Die wichtigsten landwirtschaftlichen Maschinen aber – Traktoren, Kombines usw. – werden nicht an die Kollektivwirtschaften verkauft, sondern in staatlichen Betrieben – z.B. in MTS – konzentriert, die mit diesen Produktionsmitteln für die Kollektivwirtschaften arbeiten.

Die Produktionsmittel, die innerhalb des Landes auf die staatlichen Betriebe verteilt werden, sind ihrem Wesen nach keine Waren; sie behalten aber noch die Warenform bei und werden in Geld bewertet, was für die Rechnungslegung und die Kalkulation notwendig ist.

Auf dem Gebiet des Außenhandels stellen die Produktionsmittel, die an andere Staaten verkauft werden, Waren dar. Hier erfolgt ein Kauf und Verkauf und ein Wechsel des Eigentümers.

3. Gebrauchswert und Wert der Ware in der sozialistischen Wirtschaft.

Die Produkte, die in der sozialistischen Gesellschaft als Waren erzeugt und realisiert werden, haben sowohl einen durch konkrete Arbeit geschaffenen Gebrauchswert als auch einen durch abstrakte Arbeit geschaffenen Wert. Der Doppelcharakter der Arbeit im Sozialismus unterscheidet sich grundlegend vom Doppelcharakter der Arbeit in der einfachen Warenproduktion und in der kapitalistischen Wirtschaft. In der Warenproduktion, die auf dem Privateigentum basiert, spiegelt der Doppelcharakter der Arbeit, die die Ware erzeugt, den Widerspruch zwischen der privaten und der gesellschaftlichen Arbeit wider. Die sozialistische Wirtschaft kennt diesen Widerspruch nicht. Wie bereits dargelegt, ist die Arbeit in der sozialistischen Wirtschaft unmittelbar gesellschaftliche Arbeit[168]. Die Gesellschaft plant die Arbeit der Werktätigen im Produktionsprozess im voraus. Die Arbeit wird planmäßig auf die verschiedenen Zweige der Volkswirtschaft und die einzelnen Betriebe verteilt. Kraft dessen verschwindet in der sozialistischen Wirtschaft der Warenfetischismus, und die gesellschaftlichen Beziehungen der Menschen verlieren den Anschein von Beziehungen zwischen Dingen.

Im Sozialismus bestehen aber Unterschiede zwischen der unmittelbar gesellschaftlichen Arbeit in den staatlichen Betrieben, wo die Arbeit im gesamtstaatlichen Maßstab vergesellschaftet ist, und der unmittelbar gesellschaftlichen Arbeit in den Kollektivwirtschaften (Genossenschaften), wo die Arbeit nur im Rahmen des jeweiligen landwirtschaftlichen/gewerblichen Artels vergesellschaftet ist. Diese graduellen Unterschiede in der Vergesellschaftung der Arbeit, die bestehenden Warenbeziehungen zwischen der staatlichen Industrie und den Kollektivwirtschaften sowie die noch bestehenden Unterschiede zwischen einfacher und qualifizierterer Arbeit erschweren es, die gesellschaftliche Arbeit, die für die Produktion der industriellen und der kollektivwirtschaftlichen Erzeugnisse aufgewendet wurde, unmittelbar in Arbeitszeit auszudrücken und zu vergleichen. Daraus resultiert die Notwendigkeit, die gesellschaftliche Arbeit unter Ausnutzung des Werts und seiner Formen indirekt zu messen. Diese Messung beruht darauf, dass die verschiedenen konkreten Arten der Arbeit der Arbeiter und der Kollektivbauern mit Hilfe des Warenaustausches auf die abstrakte Arbeit, die den Wert der Ware schafft, zurückgeführt werden.

Der sozialistische Staat berücksichtigt bei der planmäßigen Leitung der Volkswirtschaft beide Seiten der Ware, sowohl den Gebrauchswert als auch den Wert. Er verlangt die Produktion bestimmter Erzeugnisarten, bestimmter Gebrauchswerte. Während den Kapitalisten der Gebrauchswert nur als Träger des Werts und des Mehrwerts interessiert, ist die Erzeugung von Gebrauchswerten und die Verbesserung der Qualität in der sozialistischen Wirtschaft von größter Bedeutung, weil die Produktion der möglichst vollständigen Befriedigung der wachsenden Bedürfnisse der gesamten Gesellschaft dient.

In der sozialistischen Wirtschaft kommt auch dem Wert der Ware Bedeutung zu. Der Staat plant die Produktion nicht nur mengen-, sondern auch wertmäßig (auch bei Produktionsmitteln, die keine Waren mehr sind). Die systematische Senkung des Werts der erzeugten Waren aufgrund steigender Arbeitsproduktivität und die auf dieser Grundlage vorgenommene Senkung der Preise sind im Hinblick auf die maximale Befriedigung der Bedürfnisse der Gesellschaft von großer Bedeutung.

In der sozialistischen Wirtschaft gibt es zwischen Gebrauchswert und Wert keinen antagonistischen Widerspruch, der im Kapitalismus die Möglichkeit von Überproduktionskrisen in sich birgt. Die sozialistische Wirtschaft verfügt über alle Möglichkeiten, die Produktionspläne sowohl wert- als auch mengenmäßig zu erfüllen.

In der Praxis des sozialistischen Aufbaus können jedoch Widersprüche zwischen Gebrauchswert und Wert der Ware auftreten. Das ist z.B. der Fall, wenn die Leiter einzelner Betriebe, in dem Bestreben, den Plan wertmäßig zu erfüllen, verstärkt solche Erzeugnisse herstellen, die für den Betrieb einträglich sind, ohne den Produktionsplan für das ganze Sortiment zu erfüllen. Widersprüche dieser Art sind jedoch nicht antagonistischer Natur und werden im Wege der planmäßigen Wirtschaftsführung gelöst.

In der sozialistischen Wirtschaft besteht noch ein Unterschied zwischen komplizierter (qualifizierter) und einfacher Arbeit; die komplizierte Arbeit wird auf einfache Arbeit reduziert. Das Verhältnis zwischen der komplizierten und der einfachen Arbeit wird bei der Planung der Produktion, bei der Festsetzung der Arbeitsnormen, ferner bei der Planung des Arbeitslohnes, wenn die Entlohnung der Arbeit verschiedener Qualifikation festgesetzt wird, usw. berücksichtigt.

Die Wertgröße der Waren, die in der sozialistischen Wirtschaft erzeugt und realisiert werden, bestimmt sich nach der Menge der für ihre Herstellung aufgewandten gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit. Darunter versteht man die von den Betrieben aufgewandte durchschnittliche Arbeitszeit, die die Hauptmasse der Produkte des betreffenden Zweiges erzeugen. Die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit, die für die Produktion einer Wareneinheit aufgewandt wird, bestimmt den gesellschaftlichen Wert der Ware. Die Zeit, die faktisch für die Produktion einer Wareneinheit in den einzelnen Betrieben aufgewandt wird, ist die individuelle Arbeitszeit, die von der gesellschaftlich notwendigen in zweierlei Hinsicht negativ abweichen kann: in Bezug auf die unrationelle Herstellung eines gesellschaftlich notwendigen Produkts und in Hinsicht auf die Herstellung eines gesellschaftlich nicht notwendigen Produkts. In Betriebskollektiven, die erfolgreich moderne Technik und fortschrittliche Arbeitsmethoden einsetzen, wird die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit pro Produkteinheit dagegen unterboten.

Im Kapitalismus bildet sich die gesellschaftlich notwendige Zeit elementar, hinter dem Rücken der Warenproduzenten, heraus. In der sozialistischen Wirtschaft hingegen plant der Staat, von den ökonomischen Bedingungen ausgehend, die Steigerung der Arbeitsproduktivität und die Senkung der Selbstkosten und setzt die Arbeits- und Materialverbrauchsnormen für die einzelnen Betriebe fest. Damit wirkt er planmäßig auf die Größe der gesellschaftlich notwendigen Zeit ein, die für die Produktion eines Produkts aufzuwenden ist, mit dem Ziel, sie zu senken.

Ein wichtiges Mittel der planmäßigen Einwirkung des sozialistischen Staates auf die Größe der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit sind die fortschrittlichen Arbeits- und Materialverbrauchsnormen, die auf Grund der Erfahrungen der führenden Betriebe festgelegt werden. Dies sind Normen, die in der Planperiode noch erreicht werden müssen. Die fortschrittlichen Normen sind von großer mobilisierender Wirkung. Nachdem sie von der Mehrheit der Betriebe erreicht werden, die den größten Teil der Produkte erzeugen, stimmen sie mit dem gesellschaftlich notwendigen Arbeitsaufwand überein und hören auf, fortschrittliche Normen zu sein. Inzwischen sind aber die führenden Betriebe bemüht, den Arbeitsaufwand weiter zu senken. Auf Grund der Erfahrungen der führenden Betriebe werden neue fortschrittliche Arbeitsnormen festgesetzt, die zu einer weiteren Senkung der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit führen.

Im Kapitalismus ist der Widerspruch zwischen individueller und gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit antagonistisch. Die Betriebe, die modernere technische Mittel anwenden und Extraprofite erzielen, wahren das Betriebsgeheimnis, schlagen ihre Konkurrenten und treiben sie zum Ruin. In der sozialistischen Wirtschaft hat der Widerspruch zwischen der gesellschaftlich notwendigen und der in den einzelnen Betrieben aufgewandten individuellen Zeit keinen antagonistischen Charakter. Der sozialistischen Wirtschaft ist das „Geschäftsgeheimnis“ fremd; die technischen Errungenschaften der führenden Betriebe werden schnell zum Gemeingut aller Betriebe des betreffenden Zweiges, wodurch der Aufschwung der gesamten sozialistischen Wirtschaft gewährleistet wird. All das beschleunigt den technischen Fortschritt und fördert den schnellen Aufschwung der Produktivkräfte der sozialistischen Gesellschaft.

4. Charakter des Wirkens des Wertgesetzes im Sozialismus.

Sofern im Sozialismus die Warenproduktion und die Warenzirkulation bestehen, ist auch das Wertgesetz weiterhin wirksam. Die Wirtschaftsordnung des Sozialismus aber setzt dem Wirken des Wertgesetzes strenge Grenzen. Die Rolle des Wertgesetzes wird begrenzt durch die Vergesellschaftung der Produktionsmittel in Stadt und Land, durch Einengung des Bereichs der Warenproduktion und Warenzirkulation und durch das Wirken der ökonomischen Gesetze des Sozialismus, vor allem des Gesetzes der planmäßigen Entwicklung der Volkswirtschaft. Der Wirkungsbereich des Wertgesetzes wird im Sozialismus durch die Jahres- und Fünfjahrpläne und überhaupt durch die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit des sozialistischen Staates begrenzt. Deshalb kann das Wertgesetz im Sozialismus nicht die Rolle des Regulators der Produktion spielen.

Wäre das Wertgesetz im Sozialismus Regulator der Produktion, so würden sich in der sozialistischen Gesellschaft in erster Linie die rentabelsten Zweige und Betriebe entwickeln, während vom gesamtgesellschaftlichen Standpunkt aus äußerst wichtige Betriebe der Schwerindustrie mit ihren hohen Aufwendungen an Grundfonds, die zeitweilig unrentabel sein können, geschlossen würden. Im Sozialismus werden indessen solche Betriebe keineswegs geschlossen, sondern erhalten und unterstützt; dabei werden gleichzeitig Maßnahmen getroffen, um sie rentabel zu machen. Der sozialistische Staat deckt in diesem Fall die zeitweilige Unrentabilität der einen Zweige oder Betriebe aus den Einnahmen, die durch andere Zweige und Betriebe erzielt werden.

Der sozialistische Staat baut Betriebe und ganze Produktionszweige auf, wobei er sich nicht von Profitstreben, sondern allein von den Erfordernissen des ökonomischen Grundgesetzes des Sozialismus und des Gesetzes der planmäßigen Entwicklung der Volkswirtschaft leiten lässt.

Der Wirkungsbereich des Wertgesetzes erstreckt sich im Sozialismus vor allem auf die Warenzirkulation, auf den Austausch von Waren – vor allem von Gegenständen des persönlichen Bedarfs. Auf diesem Gebiet wirkt das Wertgesetz in engen Grenzen als Regulator. Die regulierende Wirkung des Wertgesetzes äußert sich auf dem Gebiet der Warenzirkulation darin, dass der Staat, der ein bestimmtes Preisverhältnis zwischen den verschiedenen Waren des persönlichen Bedarfs festsetzt, dabei sowohl ihren in Geld ausgedrückten Wert als auch die Nachfrage nach diesen Waren und das Angebot berücksichtigt. Nichtbeachtung der Nachfrage und des Angebots bedeutet, dass bei Waren mit zu hohen Preisen ein Rückgang der Nachfrage einsetzen würde, während für Waren mit zu niedrigen Preisen die Nachfrage künstlich aufgebläht würde. Am stärksten tritt die regulierende Rolle des Wertgesetzes auf dem kollektivwirtschaftlichen Markt in Erscheinung; hier bilden sich die Preise auf Grund von Nachfrage und Angebot, wobei die Preisbewegung die Größe und Struktur des Warenumsatzes beeinflusst. Der sozialistische Staat übt jedoch einen starken ökonomischen Einfluss auf den kollektivwirtschaftlichen Markt aus, da die Hauptmasse der Waren im staatlichen und genossenschaftlichen Handel zu festen Preisen verkauft wird.

Das Wirken des Wertgesetzes beschränkt sich nicht nur auf den Bereich der Warenzirkulation. Es wirkt auch auf die sozialistische Produktion ein; diese Einwirkung ist jedoch nicht bestimmend, sondern dem Plan untergeordnet.

„Es ist so, dass die Konsumgüter, die für die Deckung des Aufwands an Arbeitskraft im Produktionsprozess notwendig sind, bei uns als Waren erzeugt und realisiert werden, die der Wirkung des Wertgesetzes unterliegen. Hier gerade zeigt sich die Einwirkung des Wertgesetzes auf die Produktion. Im Zusammenhang damit haben in unseren Betrieben solche Fragen wie die wirtschaftliche Rechnungsführung und die Rentabilität, die Selbstkosten, die Preise und dergleichen aktuelle Bedeutung. Darum können und dürfen unsere Betriebe das Wertgesetz nicht außer acht lassen.“[169]

Gegenstände des persönlichen Bedarfs, die Waren sind, haben Wert. In den Wert der Industriewaren geht der Wert der Rohstoffe ein, die von den Kollektivwirtschaften als Ware erzeugt werden. Ein Teil des neugeschaffenen Wertes der Konsumgüter wird verwandt, um die Auslagen für den Geldlohn zu ersetzen, während der andere Teil die Einnahmen des Betriebes bildet, die in Geldform auftreten. Außerdem unterliegen die bei der Produktion von Industriewaren eingesetzten Arbeitsmittel - Werkzeugmaschinen, Maschinen, Fabrikgebäude -, die keine Waren sind, aber Wert haben, dem Verschleiß. Da alle übrigen Elemente, die in den Wert der Industriewaren eingehen, Geldform haben, müssen auch die Arbeitsmittel in Geld kalkuliert werden. Die Einwirkung des Wertgesetzes auf die Produktion von Produktionsmitteln vollzieht sich über die Bedarfsgüter, die für den Ersatz des Aufwands an Arbeitskraft notwendig sind. Die Bedarfsgüter, die Waren sind, können von den Arbeitern nur gegen Geld, vom Lohn gekauft werden. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, auch in der Produktion von Produktionsmitteln die Geldform für die Erfassung aller übrigen Elemente, die neben dem Arbeitslohn die Selbstkosten der Industrieproduktion bilden, auszunutzen. [170]

Im Gegensatz zum Kapitalismus, wo das Wertgesetz als elementare, die Menschen beherrschende Kraft wirkt, wird die Wirkung des Wertgesetzes vom sozialistischen Staat in der Praxis der Planung der Volkswirtschaft berücksichtigt und ausgenutzt. Die Erkenntnis der Wirkung des Wertgesetzes und das Vermögen, es auszunutzen, hilft die Produktion rationell zu leiten, die Arbeitsmethoden systematisch zu verbessern und die wirtschaftliche Rechnungsführung zu verwirklichen.

Der sozialistische Staat berücksichtigt das Wertgesetz bei der Planung der Preise. Der Preis ist in der sozialistischen Wirtschaft der planmäßig festgesetzte Geldausdruck des Werts der Ware. Bei der Planung der Preise für die im staatlichen Sektor erzeugten Produktionsmittel wird die Wertform nur benutzt, um die für die Produktion aufgewandte gesellschaftliche Arbeit in Geld zu erfassen. Bei der Festsetzung der Preise geht der Staat von den gesellschaftlichen Produktionskosten aus, die in den Zweigen, die Waren erzeugen, den Wert dieser Waren darstellen.

Eine ökonomisch begründete Preisplanung ist für die Entwicklung der Volkswirtschaft von großer Bedeutung.

„Im Problem der Preise kreuzen sich alle grundlegenden ökonomischen und folglich auch politischen Probleme des Sowjetstaates. Die Herstellung richtiger Wechselbeziehungen zwischen der Bauernschaft und der Arbeiterklasse, die Sicherung einer koordinierten und wechselseitig bedingten Entwicklung der Landwirtschaft und der Industrie ..., die Sicherung des Reallohns, die Festigung des Tscherwonez ... alle diese Fragen stoßen auf das Preisproblem“, stellte das ZK der KPdSU bereits im Februar 1927 fest.

Dies lässt sich auf den Sozialismus allgemein übertragen. Die Wirkung des Wertgesetzes ist generell zu berücksichtigen, damit das richtige Preisverhältnis zwischen den verschiedenen Waren hergestellt und ein materieller Ansporn für ihre Produktion geschaffen wird. Man kann beispielsweise für eine Tonne Baumwolle und eine Tonne Getreide nicht den gleichen Erfassungspreis festsetzen und außer acht lassen, dass der Wert der Baumwolle wesentlich höher ist als der des Getreides.

Das Wertgesetz ist jedoch nicht der Regulator der staatlichen Preise, sondern nur einer der Faktoren, die auf sie einwirken. Im staatlichen und genossenschaftlichen Warenumsatz gibt es kein „freies Spiel“ der Preise. Der sozialistische Staat setzt die Warenpreise mit bestimmten Abweichungen von den gesellschaftlich notwendigen Produktionskosten fest. Dabei geht er in erster Linie von den Erfordernissen des ökonomischen Grundgesetzes des Sozialismus aus, von der Notwendigkeit, die ununterbrochene Steigerung der Produktion auf der Grundlage der höchstentwickelten Technik und die Befriedigung der wachsenden Bedürfnisse der gesamtem Gesellschaft zu sichern. Der Staat bedient sich des Preismechanismus, um solche Proportionen in der Verteilung der Mittel auf die Zweige festzusetzen, die durch die Erfordernisse der planmäßigen Entwicklung der Volkswirtschaft bedingt sind.

So verwendet der Staat mit Hilfe einer entsprechenden Preispolitik einen Teil der in den einen Zweigen geschaffenen Einnahmen für den schnellen Aufstieg anderer Zweige, die zwar weniger rentabel, aber von großer volkswirtschaftlicher Bedeutung sind. Durch niedrige Preise für die Produktionsmittel fördert der Staat die Einführung der modernen Technik in den staatlichen Industriebetrieben und rüstet z.B. über die MTS die kollektivwirtschaftliche Produktion mit einer hoch entwickelten Technik aus. Bei der Preisfestlegung ist der Staat bestrebt, eine bestimmte Rentabilität der Betriebe zu sichern, und berücksichtigt hierbei die Menge der betreffenden Waren sowie ihre Bedeutung in der Wirtschaft. Mittels der Preise spornt er die Produktion dieser oder jener Erzeugnisse an und reguliert er die Nachfrage. Der sozialistische Staat betreibt eine konsequente Politik der Preissenkung, entsprechend der Selbstkostensenkung, für Bedarfsgüter, um den Volkswohlstand zu heben.

Auf Grund all der genannten Einschränkungen des Wertgesetzes führt es, trotz des ununterbrochenen und stürmischen Wachstums der sozialistischen Produktion, nicht zu Überproduktionskrisen, während es im Kapitalismus trotz des langsamen Wachstumstempos der Produktion zu periodischen Überproduktionskrisen führt.

5. Das Geld und seine Funktionen in der sozialistischen Wirtschaft.

Da es in der sozialistischen Gesellschaft Warenproduktion und Warenzirkulation gibt, ist auch das Geld notwendig. „Schon vor der sozialistischen Revolution schrieben die Sozialisten, dass man das Geld nicht sofort abschaffen könne ... Es sind noch sehr viele technische und - was weitaus schwieriger und wichtiger ist - organisatorische Errungenschaften notwendig, um das Geld zu beseitigen.“[171] „Um es zu beseitigen, gilt es, die Organisation der Verteilung der Produkte für Hunderte Millionen Menschen in Gang zu bringen – eine Sache vieler Jahre.“[172]

Das Geld gehört zu den ökonomischen Kategorien, deren Wesen sich in Anpassung an die Erfordernisse der Entwicklung der sozialistischen Wirtschaft von Grund aus verändert. Zum Unterschied vom Kapitalismus, wo man für Geld alles, nicht zuletzt die lebendige Arbeitskraft, kaufen kann und sich daher das Geld in Kapital verwandelt, dient es in der sozialistischen Wirtschaft dem wirtschaftlichen Aufbau im Interesse der Volksmassen, als ein ökonomisches Instrument der volkswirtschaftlichen Planung sowie der Rechnungslegung und Kontrolle über die Produktion und Zirkulation der Waren.

In der sozialistischen Wirtschaft verändern sich der Inhalt und die Bestimmung der Geldfunktionen im Vergleich zu den Funktionen des Geldes im Kapitalismus von Grund auf. Das Geld fungiert vor allem als Maß der Werte der Waren, d.h., es dient als Maß der in ihnen verkörperten gesellschaftlichen Arbeit. Da die Produktionsmittel keine Waren sind, die Waren- und Wertform aber behalten, dient das Geld in seiner Funktion als Wertmaß auch der Berechnung der gesellschaftlichen Arbeit, die für die Produktionsmittel aufgewandt wurde. Im Sozialismus, beim Bestehen der beiden Grundformen des sozialistischen Eigentums, können die Ergebnisse der wirtschaftlichen Tätigkeit nur in Geldform ausgedrückt und verglichen werden. Während die Funktion des Wertmaßes, d.h. die Bestimmung der gesellschaftlichen Arbeit, sich im Kapitalismus hinter dem Rücken der Warenproduzenten vermittels der spontanen Schwankungen der Marktpreise vollzieht, wird das Geld in seiner Funktion als Wertmaß in der sozialistischen Wirtschaft vom Staat planmäßig bei der Rechnungslegung und Kalkulation ausgenutzt.

Der sozialistische Staat bedient sich der Geldrechnung bei der planmäßigen Leitung und Kontrolle des Produktionsablaufs. Ein Vergleich der geplanten mit den tatsächlichen Selbstkosten ermöglicht es, die Ursachen zu klären, warum diese Kosten die Plankosten übersteigen, und die zur Senkung der Selbstkosten und zur Hebung der Rentabilität des Betriebes notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. In seiner Funktion als Wertmaß dient das Geld dem sozialistischen Staat bei der Preisplanung.

Im Sozialismus übt das Geld die Funktion des Zirkulationsmittels der Waren aus: so, wenn die Bevölkerung Waren des persönlichen Bedarfs kauft und wenn die Kollektivwirtschaften und Kollektivbauern ihre Erzeugnisse verkaufen. In seiner Funktion als Zirkulationsmittel wird das Geld zur Entfaltung des Warenumsatzes ausgenutzt.

Das Geld übt in der sozialistischen Wirtschaft die Funktion des Zahlungsmittels aus: so bei der Auszahlung des Lohns an die Arbeiter und Angestellten, bei der Aufnahme und Tilgung von Kredit durch die sozialistischen Betriebe, bei der Bezahlung der Steuern usw. Der sozialistische Staat nutzt dies zur Kontrolle über die Tätigkeit der sozialistischen Betriebe aus. Die Bank, die eine termingerechte Tilgung des Kredits fordert, spornt auf diese Weise den Betrieb zur Planerfüllung an, denn ohne dies kann er die zur Rückzahlung des Kredits notwendigen Mittel nicht akkumulieren usw.

Im Sozialismus übt das Geld die Funktion des Mittels der sozialistischen Akkumulation und des Sparmittels aus. Die Bareinnahmen und die zeitweilig freien Geldmittel der Betriebe und der Organisationen werden für Zwecke der sozialistischen Akkumulation, für die Erweiterung der Produktion, die Bildung von Reserven sowie für die Befriedigung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung verwendet. Infolge der Hebung des Wohlstands der Werktätigen nehmen auch ihre Geldersparnisse zu.

In den Funktionen als Schatz und als Weltgeld tritt in der sozialistischen Gesellschaft das Gold und Devisenreserven auf. Der Goldvorrat ist vorwiegend der staatliche Reservefonds an Weltgeld. Das Gold dient dem internationalen Verrechnungsverkehr des Staates auf dem Gebiet des Außenhandels.

Die Stabilität der sozialistischen Binnenwährung wird im Sozialismus nicht in erster Linie durch den Goldvorrat, sondern durch die riesige Warenmenge gesichert, die in den Händen des Staates konzentriert und zu festen Planpreisen in den Warenumlauf gebracht wird. In keinem einzigen kapitalistischen Land hat das Geld eine so sichere Deckung wie im Sozialismus.

6. Kurze Zusammenfassung

1. Die Notwendigkeit der Warenproduktion im Sozialismus wird durch die Existenz der beiden Grundformen des sozialistischen Eigentums (Staatseigentum und Genossenschaftseigentum) bedingt. Warenproduktion und Warenzirkulation beschränken sich hauptsächlich auf Gegenstände des persönlichen Bedarfs. Die Warenproduktion in der sozialistischen Gesellschaft ist eine Warenproduktion besonderer Art, ohne Privateigentum an den Produktionsmitteln, ohne Kapitalisten. Sie dient der sozialistischen Gesellschaft.

2. Die Ware hat in der sozialistischen Wirtschaft Gebrauchswert, der durch die konkrete Arbeit geschaffen wird, und Wert, der durch die abstrakte Arbeit geschaffen wird. Die sozialistische Arbeit hat unmittelbar gesellschaftlichen Charakter. In der sozialistischen Wirtschaft ist die Schaffung von Gebrauchswerten und die qualitative Verbesserung der Erzeugnisse von größter Bedeutung. Dabei wird die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit durch planmäßige Verminderung der in der Produktion aufgewandten Arbeit systematisch gesenkt.

3. Der Wirkungsbereich des Wertgesetzes ist im Sozialismus begrenzt. Das Wertgesetz ist nicht der Regulator der Produktion, aber es wirkt über die zur Deckung des Aufwands an Arbeitskraft im Produktionsprozess notwendigen Konsumgüter auf die Produktion ein. Das Wertgesetz wird bei der planmäßigen Führung der Volkswirtschaft ausgenutzt. Das Wirken des Wertgesetzes wird bei der Preisplanung berücksichtigt.

4. Das Geld dient in der sozialistischen Wirtschaft als ökonomisches Instrument, das bei der Planung der Volkswirtschaft angewandt und als ein Werkzeug der Erfassung und Kontrolle der Produktion und Zirkulation der Waren ausgenutzt wird. Das Geld übt folgende Funktionen aus: Maß der Werte, Zirkulationsmittel, Zahlungsmittel, Mittel der sozialistischen Akkumulation und Sparmittel. Das Sowjetgeld ist nicht nur durch den Goldvorrat, sondern vor allem durch die gesamte Warenmasse gesichert, die in den Händen des Staates konzentriert ist und zu staatlichen Planpreisen verkauft wird.