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Durchschnittsprofit und Produktionspreis

1. Kostpreis und Profit. Die Profitrate.
2. Die Bildung der Durchschnittsprofitrate und die Verwandlung des Warenwerts in den Produktionspreis.
3. Der tendenzielle Fall der Profitrate.
4. Kurze Zusammenfassung

1. Kostpreis und Profit. Die Profitrate.

Der Mehrwert, der im Produktionsprozess durch die Arbeit der Lohnarbeiter geschaffen wird, ist die Quelle für das Einkommen aller Ausbeuterklassen der kapitalistischen Gesellschaft. Betrachten wir zuerst die Gesetze, kraft deren der Mehrwert die Form des Profits jener Kapitalisten annimmt, die ihr Kapital in der Produktion von Waren anlegen.

Der Wert einer im kapitalistischen Betrieb produzierten Ware setzt sich aus drei Bestandteilen zusammen: 1. aus dem Wert des konstanten Kapitals (einem Teil des Wertes der Maschinen und Gebäude, dem Wert der Rohstoffe, Brennstoffe usw.), 2. aus dem Wert des variablen Kapitals und 3. aus dem Mehrwert. Die Größe des Wertes der Ware wird durch die Menge der für ihre Produktion erforderlichen gesellschaftlich notwendigen Arbeit bestimmt. Doch der Kapitalist leistet keine eigene Arbeit für die Produktion der Ware, er verausgabt zu diesem Zweck sein Kapital. Entsprechend stellen sich für ihn auch die Kosten für die Produktion seiner Ware dar.

Der kapitalistische Kostpreis (k) einer Ware besteht aus den Aufwendungen für das konstante und das variable Kapital, d.h. aus den Ausgaben für Produktionsmittel und Arbeitslohn. Was die Ware den Kapitalisten kostet, misst sich an der Ausgabe in Kapital, was die Ware der Gesellschaft kostet, an der Ausgabe in Arbeit. Deshalb ist der kapitalistische Kostpreis der Ware kleiner als ihr Wert oder die wirklichen Produktionskosten. Die Differenz zwischen dem Wert oder den wirklichen Produktionskosten und dem kapitalistischen Kostpreis ist gleich dem Mehrwert, den sich der Kapitalist unentgeltlich aneignet.

Wenn der Kapitalist die in seinem Betrieb produzierte Ware verkauft, tritt der Mehrwert als ein Überschuss über den kapitalistischen Kostpreis zutage. Bei der Ermittlung der Rentabilität seines Betriebes stellt der Kapitalist diesen Überschuss dem vorgeschossenen Kapital, d.h. dem gesamten in der Produktion angelegten Kapital, gegenüber. Der Mehrwert, gemessen am Gesamtkapital, tritt in Gestalt des Profits auf. Der Profit (p) ist der auf das in der Produktion angelegte Gesamtkapital bezogene Mehrwert, der nach außen hin als Abkömmling dieses Kapitals auftritt. Dabei wird der Unterschied zwischen dem konstanten Kapital, das für den Einkauf der Produktionsmittel verausgabt wird, und dem variablen Kapital, das zur Entlohnung der Arbeitskräfte aufgewandt wird, verwischt. Dadurch entsteht der Anschein, als ob der Profit ein Abkömmling des Kapitals sei. In Wirklichkeit ist die Quelle des Profits der Mehrwert, der nur durch die Arbeit des Arbeiters geschaffen wird, nur durch die Arbeitskraft, deren Wert im variablen Kapital verkörpert ist. Marx nennt den Profit die verwandelte Form des Mehrwerts.

So wie die Form des Arbeitslohnes die Ausbeutung des Lohnarbeiters verbirgt, indem sie die falsche Vorstellung erweckt, als ob die gesamte Arbeit bezahlt würde, so verschleiert die Form des Profits ihrerseits das Ausbeutungsverhältnis, indem sie den Anschein erweckt, als ob der Profit vom Kapital selbst hervorgebracht würde. Die Formen der kapitalistischen Produktionsverhältnisse verdunkeln und verschleiern so deren wirkliches Wesen.

Der Grad, in dem sich ein kapitalistisches Unternehmen rentiert, wird für seinen Besitzer durch die Profitrate bestimmt. Die Profitrate (p') ist das in Prozenten ausgedrückte Verhältnis des Mehrwerts zum vorgeschossenen Gesamtkapital. Wenn z.B. das gesamte vorgeschossene Kapital 200000 Dollar beträgt und der Jahresprofit 40000 Dollar, so ist die Profitrate = 40000/200000 x 100 oder 20%.

Da das vorgeschossene Gesamtkapital größer ist als das variable Kapital, ist die Profitrate stets kleiner als die Rate des Mehrwerts. Wenn das Kapital von 200000 Dollar in unserem Beispiel aus 160000 Dollar konstantem Kapital und 40000 Dollar variablem Kapital besteht und also die Rate des Mehrwerts 100% beträgt, so ist die Profitrate gleich 20% oder einem Fünftel der Mehrwertrate.

Die Profitrate hängt vor allem von der Rate des Mehrwerts ab. Je höher die Rate des Mehrwerts, desto höher ist unter sonst gleichen Bedingungen die Profitrate. Alle Faktoren, die die Rate des Mehrwerts vergrößern, die also den Grad der Ausbeutung der Arbeit durch das Kapital erhöhen (Verlängerung des Arbeitstages, Steigerung der Intensität und Produktivität der Arbeit usw.), vergrößern auch die Profitrate.

Die Profitrate hängt ferner von der organischen Zusammensetzung des Kapitals ab. Bekanntlich ist die organische Zusammensetzung des Kapitals das Verhältnis zwischen konstantem und variablem Kapital. Je niedriger die organische Zusammensetzung des Kapitals, je höher also der Anteil des variablen Kapitals (des Wertes der Arbeitskraft), desto größer ist bei gleicher Rate des Mehrwerts die Profitrate. Und umgekehrt, je höher die organische Zusammensetzung des Kapitals, desto niedriger ist die Profitrate.

Schließlich wirkt auf die Profitrate die Umschlagsgeschwindigkeit des Kapitals. Je kürzer die Umschlagszeit des Kapitals, desto höher ist die Jahresprofitrate, das Verhältnis des während eines Jahres produzierten Mehrwerts zum vorgeschossenen Gesamtkapital. Und umgekehrt führt eine längere Umschlagszeit des Kapitals zur Herabsetzung der Jahresprofitrate.

2. Die Bildung der Durchschnittsprofitrate und die Verwandlung des Warenwerts in den Produktionspreis.

Im Kapitalismus vollzieht sich die Verteilung der Kapitale auf die verschiedenen Produktionszweige und die Entwicklung der Technik in erbittertem Konkurrenzkampf.

Die Konkurrenz innerhalb einer Produktionssphäre ist die Konkurrenz zwischen den Betrieben des gleichen Produktionszweiges, die Waren derselben Art produzieren, um den vorteilhaftesten Absatz dieser Waren und um die Aneignung von Extramehrwert. Die einzelnen Unternehmen arbeiten unter ungleichen Bedingungen und unterscheiden sich voneinander durch ihre Größe, ihre technische Ausrüstung und die Organisation der Produktion. Infolgedessen ist der individuelle Wert der von verschiedenen Unternehmen produzierten Waren nicht gleich. Die Konkurrenz zwischen den Unternehmen eines Zweiges führt dazu, dass die Preise der Waren nicht durch ihre individuellen Werte, sondern durch den gesellschaftlichen Wert dieser Waren bestimmt werden. Die Größe des gesellschaftlichen Wertes der Waren ist, wie bereits gesagt wurde, von den durchschnittlichen Produktionsbedingungen in diesem Zweig abhängig.

Da die Warenpreise durch den gesellschaftlichen Wert der Waren bestimmt werden, sind die Unternehmen im Vorteil, in denen die Produktionstechnik und die Arbeitsproduktivität über dem Durchschnitt dieses Zweiges liegt, wo infolgedessen der individuelle Wert der Waren niedriger als der gesellschaftliche Wert ist. Diese Unternehmen erzielen einen Surplusprofit oder Extraprofit, der eine Form des von uns im Kapitel 8 betrachteten Extramehrwerts ist. So bilden sich durch die Konkurrenz innerhalb einer Sphäre in den einzelnen Unternehmen dieser Sphäre unterschiedliche Profitraten. Die Konkurrenz zwischen den einzelnen Unternehmen desselben Zweiges führt zur Verdrängung der kleinen und mittleren Unternehmen durch die großen. Um im Konkurrenzkampf zu bestehen, sind die kapitalistischen Eigentümer der zurückgebliebenen Unternehmen bestrebt, bei sich jene technischen Verbesserungen einzuführen, die von ihren Konkurrenten, den Eigentümern der technisch entwickelteren Unternehmen, bereits angewendet werden. Das Ergebnis ist das Wachstum der organischen Zusammensetzung des Kapitals in der ganzen Sphäre, das Verschwinden des Extraprofits, den die kapitalistischen Besitzer der technisch fortgeschritteneren Unternehmen erzielten, und ein allgemeines Absinken der Profitrate. Das zwingt die Kapitalisten aufs neue zu technischen Verbesserungen. So bewirkt die Konkurrenz innerhalb der Produktionssphären die Entwicklung der Technik, das Wachstum der Produktivkräfte.

Die Konkurrenz zwischen den Produktionssphären ist die Konkurrenz zwischen den Kapitalisten verschiedener Produktionszweige um die gewinnbringendste Kapitalanlage. Die in den verschiedenen Produktionszweigen angelegten Kapitale haben eine ungleiche organische Zusammensetzung. Da Mehrwert nur durch die Arbeit der Lohnarbeiter geschaffen wird, wird in den Unternehmen jener Zweige, wo eine niedrige organische Zusammensetzung des Kapitals überwiegt, bei gleich großem Kapital eine verhältnismäßig größere Masse Mehrwert erzeugt. In Unternehmen mit höherer organischer Zusammensetzung des Kapitals wird eine relativ geringere Mehrwertmasse produziert. Der Konkurrenzkampf zwischen den Kapitalisten verschiedener Zweige führt jedoch dazu, dass sich die Höhe des Profits auf gleichgroße Kapitale ausgleicht.

Nehmen wir an, dass in der Gesellschaft drei Zweige vorhanden sind - Lederindustrie, Textilindustrie und Maschinenbau - mit Kapitalen gleicher Größe, doch verschiedener organischer Zusammensetzung. Die Größe des vorgeschossenen Kapitals sei in jedem dieser Zweige gleich 100 Einheiten (sagen wir Millionen Pfund Sterling). Das Kapital in der Lederindustrie bestehe aus 70 Einheiten konstanten Kapitals und 30 Einheiten variablen, das Kapital in der Textilindustrie aus 80 Einheiten konstanten und 20 Einheiten variablen und das Kapital des Maschinenbaus aus 90 Einheiten konstanten und 10 Einheiten variablen Kapitals. Die Rate des Mehrwerts sei in allen drei Zweigen gleich und betrage 100 Prozent. Dann werden in der Lederindustrie 30 Einheiten Mehrwert, in der Textilindustrie 20 und im Maschinenbau 10 produziert. Der Wert der Waren wird im ersten Zweig 130, im zweiten 120, im dritten 110 und in allen drei Zweigen zusammen 360 Einheiten ausmachen.

Werden die Waren zu ihrem Wert verkauft, so wird die Profitrate in der Lederindustrie 30 Prozent, in der Textilindustrie 20 Prozent und im Maschinenbau 10 Prozent betragen. Diese Verteilung des Profits erweist sich als äußerst vorteilhaft für die Kapitalisten der Lederindustrie, doch als sehr unvorteilhaft für die Kapitalisten des Maschinenbaus. Unter diesen Umständen werden die Unternehmer des Maschinenbaus eine vorteilhaftere Anlage für ihr Kapital suchen. Diese Anlage für ihr Kapital finden sie in der Lederindustrie. Es kommt zu einer Übertragung von Kapital aus der Sphäre des Maschinenbaus in die Lederindustrie. Dadurch wird die in der Lederindustrie hergestellte Warenmenge wachsen, die Konkurrenz wird sich unweigerlich verschärfen, und die Unternehmer dieses Zweiges werden gezwungen, die Preise für ihre Waren herabzusetzen. Umgekehrt im Maschinenbau. Hier wird sich die Menge der erzeugten Waren verringern, und das veränderte Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage wird den Unternehmern ermöglichen, die Preise für ihre Waren heraufzusetzen.

Das Fallen der Preise in der Lederindustrie und das Steigen der Preise im Maschinenbau werden sich so lange fortsetzen, bis die Profitrate in allen drei Zweigen annähernd gleich groß ist. Das wird dann eintreten, wenn die Waren aller drei Zweige zu 120 Einheiten (130+120+110=360 : 3) verkauft werden. Der Durchschnittsprofit wird unter diesen Bedingungen in jeder Sphäre gleich 20 Einheiten sein. Der Durchschnittsprofit ist der gleiche Profit auf gleich große Kapitale, die in verschiedenen Produktionssphären angelegt sind.

Demnach bewirkt die Konkurrenz zwischen den Produktionssphären eine Ausgleichung der unterschiedlichen Profitraten in den verschiedenen Zweigen der kapitalistischen Produktion zu einer allgemeinen (oder Durchschnitts-) Profitrate. Diese Ausgleichung geschieht dadurch, dass Kapital (und folglich auch Arbeit) aus den einen Zweigen in andere übertragen wird.

Mit Herausbildung der Durchschnittsprofitrate gehen die Kapitalisten der einen Produktionszweige (in unserem Beispiel der Lederindustrie) eines Teils des von ihren Arbeitern geschaffenen Mehrwerts verlustig. Dafür realisieren die Kapitalisten der anderen Zweige (in unserem Beispiel der Maschinenbau) einen zusätzlichen Mehrwert. Das bedeutet, dass die ersten ihre Waren zu Preisen unter dem Wert, die zweiten zu Preisen über dem Wert verkaufen. Der Preis für die Waren jedes Zweiges wird jetzt aus dem Kostpreis (100 Einheiten) und dem Durchschnittsprofit (20 Einheiten) gebildet.

Der Preis, welcher gleich ist dem Kostpreis plus Durchschnittsprofit, ist der Produktionspreis. In den einzelnen Unternehmen eines Produktionszweiges bestehen infolge unterschiedlicher Produktionsbedingungen verschiedene, individuelle Produktionspreise, die durch die individuellen Kostpreise plus den Durchschnittsprofit bestimmt werden. Doch werden die Waren im Durchschnitt zu einem allgemeinen, gleichen Produktionspreis realisiert.

Die Bildung der Durchschnittsprofitrate und des Produktionspreises wird durch folgende Tabelle veranschaulicht:

Produktionszweig c v m Warenwert Durchschnittsprofitrate in % Produktionspreis Abweichung Preis – Wert
Lederindustrie 70 30 30 130 20 120 -10
Textilindustrie 80 20 20 120 20 120 0
Maschinenbau 90 10 10 110 20 120 +10
Insgesamt 240 60 60 360 20 360

Die Waren aus allen drei Zweigen werden zu je 120 Einheiten verkauft. Aber der Wert der Waren in der Lederindustrie beträgt 130 Einheiten, in der Textilindustrie 120 und im Maschinenbau 110 Einheiten. Zum Unterschied von der einfachen Warenproduktion werden die Waren im Kapitalismus nicht mehr zu Preisen, die ihren Werten, sondern zu Preisen, die den Produktionspreisen entsprechen, verkauft.

Die Verwandlung des Wertpreises in den Produktionspreis ist das Resultat der historischen Entwicklung der kapitalistischen Produktion. Unter den Verhältnissen der einfachen Warenproduktion entsprachen die Marktpreise der Waren im großen und ganzen ihren Werten. Auf den ersten Stufen der Entwicklung des Kapitalismus blieben noch bedeutende Unterschiede in den Profitraten der verschiedenen Produktionszweige bestehen, weil die einzelnen Zweige noch ungenügend miteinander verbunden waren, weil noch Zunft- und andere Schranken bestanden, die die freie Übertragung der Kapitale aus einer Sphäre in die andere behinderten. Die Herausbildung der Durchschnittsprofitrate und die Verwandlung des Wertes in den Produktionspreis wird erst mit dem Sieg der kapitalistischen maschinellen Industrie vollendet.

Die bürgerlichen Ökonomen versuchen, die Arbeitswerttheorie von Marx mit dem Hinweis darauf zu widerlegen, dass sich Produktionspreise und Warenwerte in den einzelnen Zweigen nicht decken. Doch in Wirklichkeit bleibt unter kapitalistischen Verhältnissen das Wertgesetz voll in Kraft, denn der Produktionspreis ist nur eine verwandelte Form des Wertes.

Das wird durch folgende Umstände erhärtet.

1. Die einen Unternehmer verkaufen ihre Ware über ihrem Wert, die anderen darunter, doch alle Kapitalisten zusammengenommen realisieren die Gesamtmasse des Wertes ihrer Waren. Im Rahmen der ganzen Gesellschaft ist die Summe der Produktionspreise gleich der Summe der Werte aller Waren.

2. Die Summe der Profite der gesamten Kapitalistenklasse ist gleich der Summe des Mehrwerts, der von der gesamten unbezahlten Arbeit des Proletariats produziert wurde. Die Größe der Durchschnittsprofitrate hängt von der Größe des in der Gesellschaft produzierten Mehrwerts ab.

3. Ein Sinken des Wertes der Waren führt zu einem Sinken ihrer Produktionspreise, und ein Steigen des Wertes der Waren führt zu einem Steigen ihrer Produktionspreise.

In der kapitalistischen Gesellschaft wirkt somit das Gesetz der Durchschnittsprofitrate, das darin besteht, dass die verschiedenen Profitraten, die von den Unterschieden in der organischen Zusammensetzung des Kapitals in den verschiedenen Produktionszweigen herrühren, durch die Konkurrenz zu einer allgemeinen (durchschnittlichen) Profitrate ausgeglichen werden. Das Gesetz der Durchschnittsprofitrate setzt sich wie alle Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise elementar, unter zahllosen Abweichungen und Schwankungen durch. Um die gewinnbringendste Anlage des Kapitals spielt sich unter den Kapitalisten ein erbitterter Konkurrenzkampf ab. Die Kapitalisten streben danach, ihre Kapitale in jenen Produktionszweigen anzulegen, die ihnen einen höheren Profit verheißen. Auf der Jagd nach hohem Profit wird Kapital aus einem Zweig in den anderen übertragen, und eben dadurch wird die Durchschnittsprofitrate hergestellt.

So werden auf der Basis des Gesetzes der Durchschnittsprofitrate die Arbeit und die Produktionsmittel auf die verschiedenen Zweige der kapitalistischen Produktion verteilt. Folglich wirkt im entwickelten Kapitalismus das Wertgesetz über den Produktionspreis als elementarer Regulator der Produktion.

Der Produktionspreis ist jene Durchschnittsgröße, um die letzten Endes die Marktpreise der Waren schwanken, d.h. die Preise, zu denen die Waren tatsächlich auf dem Markt verkauft und gekauft werden.

Die Ausgleichung der Profitrate und die Verwandlung des Wertes in den Produktionspreis verschleiert noch stärker das Ausbeutungsverhältnis, verdeckt noch mehr die wirkliche Bereicherungsquelle der Kapitalisten. „Der wirkliche Größenunterschied zwischen Profit und Mehrwert ... in den besondren Produktionssphären versteckt nun völlig die wahre Natur und den Ursprung des Profits, nicht nur für den Kapitalisten, der hier ein besondres Interesse hat sich zu täuschen, sondern auch für den Arbeiter. Mit der Verwandlung der Werte in Produktionspreise wird die Grundlage der Wertbestimmung selbst dem Auge entrückt.“[75]

In Wirklichkeit bedeutet die Bildung der Durchschnittsprofitrate die Neuverteilung des Mehrwerts zwischen den Kapitalisten der verschiedenen Produktionszweige. Ein Teil des in Zweigen mit niedriger organischer Zusammensetzung des Kapitals geschaffenen Mehrwerts wird von den Kapitalisten in den Zweigen mit hoher organischer Zusammensetzung des Kapitals angeeignet. Die Arbeiter werden also nicht nur von den Kapitalisten, bei denen sie arbeiten, ausgebeutet, sondern von der Kapitalistenklasse insgesamt. Die ganze Kapitalistenklasse ist an einer Erhöhung des Ausbeutungsgrades der Arbeiter interessiert, weil das zu einer Vergrößerung der Durchschnittsprofitrate führt. Wie Marx lehrt, hängt die Durchschnittsprofitrate vom Ausbeutungsgrad der Gesamtarbeit durch das Gesamtkapital ab.

Das Gesetz der Durchschnittsprofitrate drückt einerseits die Gegensätze und den Konkurrenzkampf zwischen den industriellen Kapitalisten um die Aufteilung des Mehrwerts und anderseits den tiefen Antagonismus der zwei einander feindlich gegenüberstehenden Klassen, der Bourgeoisie und des Proletariats, aus. Es beweist, dass in der kapitalistischen Gesellschaft die Bourgeoisie als Klasse dem Proletariat in seiner Gesamtheit gegenübersteht, dass der Kampf für Teilinteressen der Arbeiter oder einzelner Arbeitergruppen, der Kampf gegen einzelne Kapitalisten nicht zu einer grundlegenden Veränderung der Lage der Arbeiterklasse führen kann. Die Arbeiterklasse kann das Joch des Kapitals nur abwerfen, indem sie die Bourgeoisie als Klasse stürzt, indem sie das System der kapitalistischen Ausbeutung selbst vernichtet.

3. Der tendenzielle Fall der Profitrate.

Mit der Entwicklung des Kapitalismus erhöht sich ununterbrochen die organische Zusammensetzung des Kapitals. Jeder einzelne Kapitalist, der in immer größerem Umfange Arbeiter durch Maschinen ersetzt, verwohlfeilert die Produktion, vergrößert den Absatz seiner Waren und holt sich einen Extraprofit. Wenn sich jedoch die technischen Errungenschaften der einzelnen Unternehmen verallgemeinern, steigt die organische Zusammensetzung des Kapitals in den meisten Unternehmen, und das führt zu einem Sinken der allgemeinen Profitrate. In gleicher Richtung wirkt auch das schnellere Wachstum des fixen Kapitals gegenüber dem zirkulierenden, das die Umschlagszeit des Gesamtkapitals verlängert.

Die Kapitalisten streben durch die Entwicklung der Technik nach einem möglichst hohen Profit, doch das Ergebnis ihrer Anstrengungen ist etwas, was keiner von ihnen gewollt hat - das Sinken der Profitrate.

Nehmen wir das gleiche Beispiel. Die Summe aller Kapitale beträgt 300 Einheiten, sie besteht aus 240 Einheiten konstanten Kapitals und 60 Einheiten variablen Kapitals. Bei einer Mehrwertrate von 100% werden 60 Einheiten Mehrwert erzeugt, und die Profitrate ist gleich 20%. Nehmen wir an, dass nach 20 Jahren die Gesamtsumme des Kapitals von 300 auf 500 Einheiten gestiegen ist.

Gleichzeitig hat sich durch den Fortschritt der Technik die organische Zusammensetzung des Kapitals erhöht. Die 500 Einheiten teilen sich deshalb in 425 Einheiten konstanten und 75 Einheiten variablen Kapitals auf. In diesem Fall werden bei gleicher Mehrwertrate 75 Einheiten Mehrwert geschaffen. Jetzt beträgt die Profitrate 75/500 x 100 = 15%. Die Profitmasse ist von 60 auf 75 Einheiten gestiegen, während die Profitrate von 20 auf 15% gesunken ist.

Die Erhöhung der organischen Zusammensetzung des Kapitals führt also zu einem Fall der Durchschnittsprofitrate. Es gibt jedoch Faktoren, die dem entgegenwirken.

1. Die Ausbeutung der Arbeiterklasse nimmt zu. Die Entwicklung der Produktivkräfte des Kapitalismus, die in der Erhöhung der organischen Zusammensetzung des Kapitals ihren Ausdruck findet, führt gleichzeitig zu einem Wachstum der Rate des Mehrwerts. Infolgedessen nimmt die Profitrate langsamer ab, als das bei einer gleichbleibenden Rate des Mehrwerts der Fall wäre.

2. Der technische Fortschritt, der die organische Zusammensetzung des Kapitals erhöht, ruft Arbeitslosigkeit hervor, die auf den Arbeitsmarkt drückt. Das erlaubt den Unternehmern, den Lohn zu senken, ihn weit unter dem Wert der Arbeitskraft festzusetzen.

3. Mit dem Wachstum der Arbeitsproduktivität sinkt der Wert der Produktionsmittel, der Maschinen, Einrichtungen, Rohstoffe usw. Das verlangsamt das Wachstum der organischen Zusammensetzung des Kapitals und wirkt folglich dem Fall der Profitrate entgegen.

Nehmen wir an, dass der Kapitalist den Arbeiter, der früher an 5 Webstühlen arbeitete, jetzt zwingt, an 20 Stühlen zu arbeiten. Infolge höherer Arbeitsproduktivität im Maschinenbau hat sich aber der Wert der Webstühle auf die Hälfte verringert. Jetzt kosten die 20 Stühle bereits nicht mehr das 4fache der alten 5 Stühle, sondern nur das Doppelte. Deshalb ist der Anteil des auf einen Arbeiter entfallenden konstanten Kapitals nicht auf das 4fache, sondern nur auf das Doppelte gestiegen.

4. Dem Fall der Durchschnittsprofitrate wirkt die Ökonomie in der Anwendung des konstanten Kapitals entgegen, die der Kapitalist auf Kosten der Gesundheit und des Lebens der Arbeiter betreibt. Um ihren Profit zu erhöhen, zwingen die Unternehmer die Arbeiter, in engen Räumen, ohne ausreichende Lüftungsanlagen zu arbeiten, und sparen an den für den Arbeits- und Unfallschutz erforderlichen Vorrichtungen. Dies führt zur Untergrabung der Gesundheit der Arbeiter, zu einer riesigen Zahl von Betriebsunfällen und zu steigender Sterblichkeit unter der Arbeiterbevölkerung.

5. Der Fall der Profitrate wird durch den Austausch von Nichtäquivalenten im Außenhandel gehemmt, indem die Kapitalisten der entwickelten kapitalistischen Länder bei der Warenausfuhr in die Kolonialländer einen Extraprofit einstecken.

Alle diese entgegenwirkenden Faktoren heben den Fall der Profitrate nicht auf, sondern schwächen ihn nur ab und verleihen ihm den Charakter einer Tendenz. Die Erhöhung der organischen Zusammensetzung des Kapitals hat somit zur unausweichlichen Folge das Gesetz des tendenziellen Falls der allgemeinen (oder Durchschnitts-) Profitrate.

Der Fall der Profitrate bedeutet nicht, dass die Masse des Profits, d.h. der Gesamtumfang des von der Arbeiterklasse geschaffenen und von der Kapitalistenklasse kostenlos angeeigneten Mehrwerts geringer wird. Im Gegenteil, die Profitmasse wächst sowohl infolge der steigenden Rate des Mehrwerts als auch infolge der wachsenden Gesamtzahl der vom Kapital ausgebeuteten Arbeiter.

Die Kapitalisten versuchen durch verstärkte Ausbeutung der Arbeiter den tendenziellen Fall der Profitrate maximal abzuschwächen. Das führt zu einer Verschärfung der Gegensätze zwischen Proletariat und Bourgeoisie.

Das Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate verstärkt innerhalb der Bourgeoisie selbst den Kampf um die Verteilung der Gesamtmasse des Profits.

Auf der Jagd nach höherem Profit stürzen sich die Kapitalisten mit ihrem Kapital auf die zurückgebliebenen Länder, wo die Arbeitskräfte billiger sind und die organische Zusammensetzung des Kapitals niedriger ist als in den Ländern mit hochentwickelter Industrie, und beginnen die Völker dieser Länder verstärkt auszubeuten. Das führt zu einer Verschärfung der Gegensätze zwischen den entwickelten kapitalistischen und den zurückgebliebenen Ländern, zwischen den Metropolen und den Kolonien.

Ferner vereinigen sich die Kapitalisten, um die Preise hoch zu halten, in industriellen Verbänden und Kartellen verschiedener Art. Auf diese Weise erzwingen sie hohe Profite. Schließlich dehnen die Kapitalisten, um den Fall der Profitrate durch Vergrößerung der Profitmasse zu kompensieren, den Produktionsumfang weit über die Grenzen der zahlungsfähigen Nachfrage aus. Deshalb treten die durch den tendenziellen Fall der Profitrate bedingten Gegensätze während der Krisen besonders scharf zutage.

Das Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate ist ein hervorstechendes Kennzeichen der historischen Schranken der kapitalistischen Produktionsweise. Dieses Gesetz, das die Verschärfung der kapitalistischen Widersprüche bewirkt, zeigt anschaulich, dass die bürgerliche Gesellschaftsordnung auf einer gewissen Stufe zu einer Schranke für die weitere Entwicklung der Produktivkräfte wird.

4. Kurze Zusammenfassung

1. Der Profit ist der auf das in der Produktion angelegte Gesamtkapital bezogene Mehrwert, der nach außen hin als Abkömmling des Gesamtkapitals auftritt. Die Profitrate ist das in Prozenten ausgedrückte Verhältnis der Masse des produzierten Mehrwerts zum Gesamtkapital.

2. Die Konkurrenz innerhalb einer Produktionssphäre führt dazu, dass die Preise für Waren der gleichen Art nicht durch ihren individuellen, sondern durch den gesellschaftlichen Wert dieser Waren bestimmt werden. Die Konkurrenz zwischen den Produktionssphären führt zu einer Übertragung der Kapitale aus einer Sphäre in die andere, zur Bildung einer Durchschnittsprofitrate im Rahmen der gesamten kapitalistischen Produktion. Auf der Basis des Gesetzes der Durchschnittsprofitrate werden Arbeit und Produktionsmittel auf die verschiedenen Zweige der kapitalistischen Produktion verteilt.

3. Infolge der Ausgleichung der Profitrate werden die Waren nicht zu ihrem Wert, sondern zu Produktionspreisen verkauft. Der Produktionspreis ist gleich dem Kostpreis der Ware plus dem Durchschnittsprofit. Der Produktionspreis ist eine verwandelte Form des Wertes. Die Summe der Produktionspreise ist gleich der Summe der Werte aller Waren; mit einer Veränderung des Warenwerts verändert sich auch der Produktionspreis.

4. In dem Maße, wie die organische Zusammensetzung des Kapitals wächst, tritt mit der Entwicklung des Kapitalismus der tendenzielle Fall der Profitrate zutage. Gleichzeitig wächst unentwegt die Profitmasse. Das Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate führt zur Verschärfung der Widersprüche des Kapitalismus.