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Das sozialistische System der Landwirtschaft

1. Stellung und Rolle der Landwirtschaft in der sozialistischen Volkswirtschaft.
2. Die Maschinen- und Traktorenstationen als industrielle Basis der kollektivwirtschaftlichen Produktion.
3. Die gesellschaftliche Wirtschaft der Kollektivwirtschaften. Die Produktionsmittel der Kollektivwirtschaften. Die Arbeitseinheit.
4. Das Produkt der Kollektivwirtschaft. Das Einkommen der Kollektivwirtschaft.
5. Die Differentialrente im Sozialismus.
6. Die Entwicklung der Staatsgüter.
7. Kurze Zusammenfassung

1. Stellung und Rolle der Landwirtschaft in der sozialistischen Volkswirtschaft.

Die sozialistische Landwirtschaft beruht auf dem staatlichen Eigentum (Volkseigentum) und dem genossenschaftlich[180]-kollektivwirtschaftlichen Eigentum an den Produktionsmitteln. Sie umfasst die Kollektivwirtschaften, die Maschinen- und Traktorenstationen und die Staatswirtschaften.

Die sozialistische Landwirtschaft spielt eine wichtige Rolle bei der Erfüllung der Hauptaufgabe der sozialistischen Produktion: Sicherung der maximalen Befriedigung der ständig wachsenden materiellen und kulturellen Bedürfnisse der gesamten Gesellschaft. Die Landwirtschaft bildet die Ernährungsbasis der Bevölkerung sowie die Rohstoffbasis der Leicht- und Nahrungsmittelindustrie, die Massenbedarfsgüter erzeugt.

Die Industrie hat gegenüber der Landwirtschaft die führende Stellung inne, denn die hochmechanisierten landwirtschaftlichen Großbetriebe hängen in hohem Grade von der Industrie ab, die Traktoren und sonstige landwirtschaftliche Maschinen, Ersatzteile, Treibstoffe, Dünger, chemische Schädlingsbekämpfungsmittel u.a.m. produziert. Ein ständiger Aufschwung der sozialistischen Landwirtschaft ist nur dann gewährleistet, wenn die Produktion aller dieser Produktionsmittel rasch anwächst, die die Industrie der Landwirtschaft liefert.

Zugleich hängt die Entwicklung der Industrie und der übrigen Zweige der Volkswirtschaft von der ununterbrochenen und raschen Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion ab. Die Hebung des Wohlstands des Volkes und die Zunahme der Stadtbevölkerung erfordern eine Steigerung der Produktion von Lebensmitteln und sonstigen landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Die Produktion von Industriewaren lässt sich nur dann erweitern, wenn immer mehr landwirtschaftliche Rohstoffe – Baumwolle, Flachs, Wolle, Zuckerrüben, Ölfrüchte usw. – für die Zweige der Leicht- und der Nahrungsmittelindustrie erzeugt werden. Das sozialistische System der Landwirtschaft bietet die Gewähr, dass die Produktivität der Landwirtschaft ständig steigt und der Vergesellschaftungsgrad der Arbeit sich erhöht.

Von 1918 bis 1950 wuchs die Arbeitsproduktivität in der sowjetischen Landwirtschaft auf das Dreifache an, was von den großen Vorzügen der Produktion in Kollektiv- und Staatswirtschaften zeugt.

Das wichtigste Produktionsmittel in der Landwirtschaft, der Boden, wurde in der Oktoberrevolution nationalisiert und den Bauern zu unentgeltlicher Nutzung übergeben. Dies war die Voraussetzung für die vollständige und allseitige Ausnutzung des Bodens und damit die Grundbedingung für den Aufschwung aller Zweige der landwirtschaftlichen Produktion.

Die auf nationalisiertem Grund und Boden geschaffenen Kollektiv- und Sowjetwirtschaften sind der Notwendigkeit enthoben, unproduktive Mittel für den Kauf und die Pachtung von Boden aufzuwenden. Über den Boden verfügen die Kollektivwirtschaften wie über ihr Eigentum, lediglich mit der Einschränkung, dass sie ihn weder verkaufen noch verpachten können. Das gesellschaftliche Eigentum am Boden trägt wesentlich dazu bei, dass die landwirtschaftlichen Erzeugnisse billiger werden und die materielle Lage der sowjetischen Bauernschaft sich ständig verbessert.

Die großen Bodenflächen bieten die Möglichkeit, Traktoren und andere Landmaschinen auf das produktivste auszunutzen, richtige Fruchtfolgen einzuführen, Maßnahmen zur rationellen Ausnutzung des Bodens durchzuführen, Bewässerungs- und Entwässerungskanäle anzulegen, Wald anzupflanzen u.a. Der Boden, sagte Marx, verbessert sich ständig, wenn man ihn richtig behandelt. Die sozialistische Ordnung erschließt alle Möglichkeiten für die Schaffung eines rationellen Systems der Landwirtschaft, das eine systematische Steigerung der Bodenfruchtbarkeit und eine überaus hohe Produktivität in der landwirtschaftlichen Produktion sichert.

Das rationelle System der Landwirtschaft setzt ihre Intensivierung voraus. Dies bedeutet zusätzliche Investition von Produktionsmitteln auf der gegebenen Bodenfläche und Verbesserung der Methoden der Wirtschaftsführung mit dem Ziel, von jedem Hektar Nutzfläche die maximale Menge an Erzeugnissen zu erhalten. Die Intensivierung bedingt die Anwendung mineralischer und organischer Düngemittel, die Züchtung leistungsfähiger Viehrassen, die Ausnutzung der neuesten Errungenschaften der Agronomie und der Zootechnik u.a.

Der wichtigste ökonomische Gradmesser für die Arbeitsergebnisse der sozialistischen landwirtschaftlichen Betriebe ist die Erzielung der größtmöglichen Menge von Erzeugnissen je 100 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche bei geringstem Arbeitsaufwand je Einheit des erzeugten Produkts. Das erfordert die Entwicklung einer vielzweigigen Wirtschaft unter Berücksichtigung der ökonomischen und natürlichen Bedingungen des entsprechenden Bezirks.

Große Bedeutung für die Entwicklung der Landwirtschaft hat die Spezialisierung der Gebiete und Bezirke des Landes auf bestimmte Kulturen und Produktionszweige. Die Spezialisierung – entgegen der für den Kapitalismus typischen Monokulturen – setzt voraus: die volle Ausnutzung der konkreten Bedingungen eines jeden Gebiets und Bezirks des Landes für die planmäßige Produktion eines bestimmten, von der Gesellschaft benötigten Produkts, sowie die Herstellung des richtigen Verhältnisses zwischen dem landwirtschaftlichen Hauptproduktionszweig und den Nebenzweigen, und zwar vor allem zwischen dem Ackerbau und der Viehwirtschaft, dem Anbau von Getreide, technischen Kulturen, Futterpflanzen und Gemüse.

2. Die Maschinen- und Traktorenstationen als industrielle Basis der kollektivwirtschaftlichen Produktion.

Die Kollektivwirtschaften werden von den staatlichen MTS betreut. Diese Konzentration der Landtechnik, der wichtigsten landwirtschaftlichen Produktionsmittel, in den Händen des Staates ist ein Vorzug der kollektivwirtschaftlichen Ordnung. Die Produktion zahlreicher, immer besserer Maschinen erfordert große Investitionen, die sich erst nach einer Reihe von Jahren bezahlt machen. Der sozialistische Staat wendet in der Landwirtschaft umfangreiche und ständig wachsende Mittel an, die auch der größte einzelne landwirtschaftliche Betrieb nur schwer aufbringen kann.

Die MTS bilden die industrielle materiell-technische Basis der kollektivwirtschaftlichen Produktion, sie sind die entscheidende Kraft bei der Entwicklung dieser Produktion und stellen die wichtigsten Stützpunkte zur Führung der Kollektivwirtschaften durch den sozialistischen Staat dar. Mit Hilfe der MTS wird das Produktionsbündnis zwischen der Industrie und der Landwirtschaft verwirklicht.

Mit Hilfe der MTS vollzieht sich die Entwicklung der Kollektivwirtschaften auf der Basis der höchstentwickelten Technik. Ein hohes Niveau der Mechanisierung der kollektivwirtschaftlichen Produktion ist die Grundlage für die Steigerung der Arbeitsproduktivität in der Landwirtschaft. Die Mechanisierung erleichtert die Arbeit der Kollektivbauern in hohem Grade und ermöglicht es, die landwirtschaftlichen Arbeiten entsprechend den agronomischen Regeln termingemäß durchzuführen und die Errungenschaften der fortschrittlichen Agrotechnik anzuwenden. Die umfassende Anwendung der Maschinen der MTS ergibt eine große Einsparung von Arbeitsaufwand bei der Produktion der landwirtschaftlichen Erzeugnisse.

Ziel ist die komplexe Mechanisierung aller Zweige der kollektivwirtschaftlichen Produktion: der Getreidewirtschaft, des Anbaus von technischen Kulturen und Futterpflanzen sowie von Kartoffeln und Gemüse und schließlich aller der Tätigkeiten in den Viehfarmen, die einen hohen Arbeitsaufwand erfordern. Die sozialistische Industrie ist in der Lage, die Landwirtschaft mit allen erforderlichen Landmaschinen modernster Konstruktion zu versorgen. In den MTS sowie in den spezialisierten Stationen wird ein Stamm technisch qualifizierter, fest angestellter Arbeiter gebildet: Traktoristen, Leiter von Traktorenbrigaden, Kombineführer sowie Bedienungspersonal für andere komplizierte Landmaschinen. Das ermöglicht, die reichlich vorhandene und komplizierte landwirtschaftliche Technik produktiv auszunutzen.

Die MTS führen über Verträge die agronomische und zootechnische Betreuung der Kollektivwirtschaften durch, unterstützen sie bei der Planung der gesellschaftlichen Wirtschaft, bei der richtigen Organisation der Arbeit, bei der Ausbildung der Kader und im gesamten wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Leben des Dorfes.

3. Die gesellschaftliche Wirtschaft der Kollektivwirtschaften. Die Produktionsmittel der Kollektivwirtschaften. Die Arbeitseinheit.

Die Kollektivwirtschaften verwenden ihre Einnahmen für die Entwicklung ihrer gesellschaftlichen Wirtschaft. Die gesellschaftliche Wirtschaft der Kollektivwirtschaft ist die sozialistische Wirtschaft der Bauern, die sich zu einem landwirtschaftlichen Artel zusammengeschlossen haben. Sie ist auf staatlichem Boden organisiert und wird mit Hilfe der modernen Technik betrieben, die in den MTS konzentriert ist und Volkseigentum darstellt. Die Produktionsmittel der Artels und die in den Kollektivwirtschaften produzierten Erzeugnisse sind genossenschaftliches Eigentum.

Die kollektivwirtschaftlichen Produktionsmittel bestehen in der Hauptsache aus Vieh, Inventar, Wirtschaftsgebäuden, Saatgut usw. Entsprechend dem Charakter des landwirtschaftlichen Artels gehen die vergesellschafteten Produktionsmittel in den unteilbaren Fonds der Kollektivwirtschaft ein. Dieser umfasst die ihr gehörenden Arbeitsinstrumente, das Arbeits- und Nutzvieh, die Gebäude, Transportmittel, Daueranlagen und Bewässerungsanlagen sowie die Materialien und Geldmittel für die Entwicklung der vergesellschafteten Wirtschaft. Zum unteilbaren Fonds gehören ferner die Gebäude für kulturelle und soziale Zwecke (Klubhäuser, Bibliotheken, Kindergärten z.B.)

Einer der entscheidenden ökonomischen Vorzüge des kollektivwirtschaftlichen Großbetriebs besteht darin, dass er über weitestgehende Möglichkeiten für eine vielzweigige Wirtschaft verfügt. Diese ermöglicht es, die Arbeitskräfte in den Kollektivwirtschaften rationell einzusetzen und von jedem Hektar gesellschaftlichen Bodens die größte Menge von Erzeugnissen zu erzielen. In den Kollektivwirtschaften, die den Anbau von Getreide, technischen Kulturen, Futterpflanzen und Gemüse sowie die Viehwirtschaft – je nach den natürlichen und ökonomischen Bedingungen der einzelnen Bezirke – richtig miteinander verbinden, wird die Arbeit der Kollektivbauern im Verlauf des Jahres gleichmäßiger eingesetzt. In den Kollektivwirtschaften mit einer vielzweigigen Wirtschaft gehen im Verlauf des Jahres auch die Geldeinnahmen gleichmäßiger ein.

Entsprechend dem Charakter des genossenschaftlichen Eigentums wird in den Kollektivwirtschaften das Leistungsprinzip mit Hilfe der Arbeitseinheit verwirklicht. Diese ist das Maß des Arbeitsaufwands der Kollektivbauern in der vergesellschafteten Wirtschaft, das gleichzeitig den Anteil eines jeden am Einkommen der Kollektivwirtschaft bestimmt.

Der Staat empfiehlt Musternormen für die Arbeitsleistung und deren Bewertung in Arbeitseinheiten. Hiervon ausgehend erarbeitet die Leitung einer jeden Kollektivwirtschaft entsprechend den örtlichen Bedingungen eigene Arbeitsnormen und Bewertungssätze, die von der Mitgliederversammlung bestätigt werden. Am Jahresanfang planen die Kollektivwirtschaften den Aufwand an Arbeitseinheiten für die einzelnen Zweige und Kulturen und kontrollieren dann die Abrechnung der Arbeitseinheiten. Die Kollektivwirtschaften führen eine eigene Finanzwirtschaft: sie berechnen die Erzeugnisse der Produktion und die Einnahmen in Geld und akkumulieren Geld; die Arbeitseinheiten werden nicht nur mit Naturalien, sondern auch mit Geld vergütet.

Die Arbeitseinheit ist eine neue ökonomische Kategorie, die von der kollektivwirtschaftlichen Ordnung hervorgebracht wurde. Die Arbeitseinheit bringt die Prinzipien der Gleichheit im Sozialismus zum Ausdruck: die Befreiung aller Werktätigen von der Ausbeutung, die Pflicht eines jeden, zu arbeiten, und das Recht, für seine Arbeit entsprechend der Quantität und Qualität Vergütung zu erhalten. Die Arbeitseinheit sichert Mann und Frau gleiche Vergütung. Die Kollektivwirtschaftsordnung hat der jahrhundertealten ökonomischen Ungleichheit der Bäuerin ein Ende gesetzt.

4. Das Produkt der Kollektivwirtschaft. Das Einkommen der Kollektivwirtschaft.

Sämtliche in der gesellschaftlichen Wirtschaft des Artels produzierten Erzeugnisse sind genossenschaftliches Eigentum. Zugleich sind an der Produktion der Kollektivwirtschaft nicht nur sie selbst, sondern auch die MTS beteiligt. Im Wert des kollektivwirtschaftlichen Produkts verkörpert sich in dem Maße die Arbeit der Industriearbeiter, wie die Technisierung voranschreitet.

Die Bruttoproduktion der Kollektivwirtschaften enthält Aufwendungen 1. an vergangener Arbeit, die in den aufgewandten Produktionsmitteln der MTS und der Kollektivwirtschaften verkörpert ist, und 2. an neu aufgewandter lebendiger Arbeit der Kollektivbauern sowie der Beschäftigten der MTS.

Die Ausgaben des Staates für die Produktion der kollektivwirtschaftlichen Erzeugnisse werden durch das Naturalentgelt gedeckt, das von den Kollektivwirtschaften für die Arbeiten der MTS entrichtet wird. Auf diese Weise geht ein Teil der Erzeugnisse der Kollektivwirtschaften an den Staat, ohne Warenform anzunehmen.

Die Kollektivwirtschaften ersetzen die von ihnen angewandten Produktionsmittel hauptsächlich in Naturalform, d.h. reproduzieren sie in der eigenen gesellschaftlichen Wirtschaft. Zu diesen Produktionsmitteln gehören: Saatgut, Futtermittel, Arbeits- und Nutzvieh, organische Düngemittel usw. Einen bestimmten Teil der aufgewandten Produktionsmittel ersetzen die Kollektivwirtschaften, indem sie entsprechende Produktionsmittel vom Staat und von den genossenschaftlichen Organisationen kaufen.

Die Arbeit der Kollektivbauern, die neu aufgewandt wird, bildet das Bruttoeinkommen der Kollektivwirtschaft. Daraus werden die persönlichen Einkünfte nach Arbeitseinheiten verteilt. Es verbleibt das Reineinkommen. Ein festgelegter Teil des Produkts für die Gesellschaft, das die Kollektivbauern schafften, gelangt über das System der Erfassung, des Aufkaufs sowie in Form der Einkommensteuer in die Hände des Staates, d.h., er wird zentralisiertes Reineinkommen des Staates und für die Bedürfnisse der gesamten Gesellschaft verwendet. Das verbleibende Reineinkommen wird für die Akkumulation verwandt.

Ein erheblicher Teil der Warenproduktion der Kollektivwirtschaft gelangt durch die staatliche Erfassung landwirtschaftlicher Produkte, wozu die Pflichtablieferung und die Lieferungen auf der Grundlage des Vertragssystems gehören, in die Hände des Staates. Unter die Erfassung in Form der Pflichtablieferung fallen: Getreide, tierische Erzeugnisse, Kartoffeln und verschiedene Gemüsearten; die Erfassung auf Grundlage des Vertragssystems erstreckt sich vorwiegend auf die technischen Kulturen.

Die staatliche Erfassung landwirtschaftlicher Erzeugnisse wird auf Grundlage der Hektarveranlagung durchgeführt, d.h., sie richtet sich nach der der Kollektivwirtschaft zugeteilten Bodenfläche. Jede Kollektivwirtschaft ist verpflichtet, je Hektar Ackerland eine bestimmte Menge pflanzlicher Erzeugnisse und je Hektar Bodenfläche eine bestimmte Menge tierischer Erzeugnisse zum Erfassungspreis an den Staat zu verkaufen. Die Hektarnormen für die Pflichtablieferung sind beständige Normen.

Bei beständigen Normen für die Pflichtablieferung im Planungszeitraum haben die Kollektivwirtschaften, die einen höheren Hektarertrag der landwirtschaftlichen Kulturen und eine höhere Produktivität der Viehwirtschaft erreicht haben, die den gesellschaftlichen Boden am produktivsten nutzen, die Gewähr, dass sie nach Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber dem Staat über sämtliche übrigen Erzeugnisse frei, nach eigenem Ermessen, verfügen können.

Die Pflichtablieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse an den Staat ist keine Steuer im ökonomischen Sinne, da der Staat diese Erzeugnisse bezahlt, wohl aber eine Form der Umverteilung, bei der dem Staat ohne Umweg über Markt oder Steuer ein Teil des gesellschaftlichen Reineinkommens zufließt. Der sozialistische Staat setzt Erfassungspreise für alle die landwirtschaftlichen Erzeugnisse fest, die im Rahmen der zentralisierten Erfassung abgeliefert werden. Bei der Preisfestsetzung berücksichtigt der Staat den Wert des betreffenden landwirtschaftlichen Erzeugnisses, die Bedeutung dieses Erzeugnisses für die Volkswirtschaft und auch den Gesichtspunkt, ob die Produktion dieses Erzeugnisses für die Kollektivwirtschaft ökonomisch vorteilhaft ist.

Neben der Pflichtablieferung und der Erfassung auf dem Vertragsweg gibt es den staatlichen Aufkauf der landwirtschaftlichen Erzeugnisse zu Aufkaufpreisen, die wesentlich über den Erfassungspreisen liegen. Beim Aufkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse führt der Staat einen Gegenverkauf von Industriewaren für landwirtschaftliche Zwecke durch.

Schließlich realisieren die Kollektivwirtschaften einen bestimmten Teil ihrer Warenproduktion auf dem kollektivwirtschaftlichen Markt zu Preisen, die sich auf diesem Markt unter dem Einfluss von Angebot und Nachfrage bilden.

Die staatliche Erfassung und der staatliche Aufkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse bilden für die Kollektivwirtschaft die wichtigste Quelle von Geldeinkommen, die zur Auffüllung der unteilbaren Fonds, zur Bezahlung der von den Kollektivbauern geleisteten Arbeitseinheiten und für sonstige Zwecke verwandt werden.

Die Höhe der Natural- und Geldeinkommen in den einzelnen Kollektivwirtschaften ist unterschiedlich und wird vor allem durch den erreichten Stand der Arbeitsproduktivität bestimmt. Diese hängt ab von: Mechanisierung der kollektivwirtschaftlichen Produktion, zusätzlicher Anwendung von Produktionsmitteln und zusätzlichem Arbeitsaufwand für ein und dieselbe Bodenfläche, Erhöhung der Qualifikation sowie richtige Organisation der Arbeit der Kollektivbauern und der Beschäftigten der MTS, Entfaltung des sozialistischen Wettbewerbs, Ausnutzung der neuesten Errungenschaften der Agronomie und der Zootechnik sowie der Erfahrungen der Bestarbeiter der Landwirtschaft.

5. Die Differentialrente im Sozialismus.

In den Kollektivwirtschaften sind die ökonomischen und die natürlichen Bedingungen für die Bildung der Differentialrente gegeben.

Das Bestehen der Differentialrente in den Kollektivwirtschaften hängt vor allem mit dem Bestehen des kollektivwirtschaftlichen Eigentums und der Warenproduktion im Sozialismus zusammen. Die Böden der Kollektivwirtschaften unterscheiden sich durch Fruchtbarkeit, Lage und Produktivität der Nutzung, die vor allem vom Grad der Mechanisierung der Landwirtschaft abhängt. Da die Menge der besseren Böden begrenzt ist, ist die sozialistische Gesellschaft zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse an landwirtschaftlichen Erzeugnissen gezwungen, auch die schlechteren Böden zu bebauen. Die unter verschiedenen Produktionsbedingungen aufgewandte Arbeit der Kollektivbauern hat eine unterschiedliche Produktivität. Kollektivwirtschaften mit unterschiedlicher Arbeitsproduktivität erzielen je Hektar eine unterschiedliche Menge von landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Dies aber bedeutet, dass sie je Produkteneinheit nicht die gleiche Arbeitsmenge aufwenden. Dies muss sich auf das Niveau der Preise für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse auswirken. Bei der Planung der Preise wird berücksichtigt, dass der Anbau einer jeden Kultur nicht nur unter den besten, sondern auch unter den schlechtesten Produktionsbedingungen gewinnbringend sein muss.

Die in den Kollektivwirtschaften unter verschiedenen Bedingungen der Arbeitsproduktivität geschaffenen Erzeugnisse werden von ihnen zu Erfassungs- oder Aufkaufpreisen realisiert, die für die jeweilige Zone gleich sind, oder aber zu gleichen Preisen auf dem kollektivwirtschaftlichen Markt. Infolgedessen erzielen die Kollektivwirtschaften mit einer höheren Arbeitsproduktivität zusätzliche Geldeinkommen, die Differentialrente, als zusätzliches Reineinkommen.

Es sind die Differentialrente I und II zu unterscheiden. Die Differentialrente I ist zusätzliches Reineinkommen, geschaffen von den Kollektivwirtschaften, die über bessere Böden verfügen. Weil die Arbeitsproduktivität in den Kollektivwirtschaften mit besseren Böden höher ist, erzielen diese auch ein höheres Einkommen. Kollektivwirtschaften, die bessere Transportanbindung haben, haben geringen Aufwand für den Transport der Erzeugnisse. So erzielen auch günstiger gelegene Kollektivwirtschaften ein höheres Einkommen.

Die Differentialrente II ist zusätzliches Reineinkommen, geschaffen in den Kollektivwirtschaften, die infolge zusätzlicher Anwendung von Produktionsmitteln und zusätzlichen Arbeitsaufwands eine intensivere gesellschaftliche Wirtschaft betreiben. Kollektivwirtschaften, in denen die Arbeit in höherem Grade mechanisiert ist, je Hektar mehr Arbeit aufgewandt, die Ertragsfähigkeit des Bodens durch Meliorationsarbeiten, durch Verwendung von Düngemitteln usw. gesteigert und viel hochleistungsfähiges Vieh gehalten wird, also eine intensivere Wirtschaft betrieben wird, erzeugen je Hektar mehr Produkte.

Ein Teil der Differentialrente verbleibt in den Kollektivwirtschaften und wird zur Entwicklung ihrer Wirtschaft, zur Hebung des materiellen und kulturellen Lebensniveaus der Kollektivbauern verwandt. Ein bestimmter Teil der Differentialrente gelangt über verschiedene Kanäle in die Hände des Staates. 1. (Differentialrente II) in Form des an die MTS abgeführten Naturalentgelts, da sich in diesem das durch die Arbeit der Werktätigen der MTS geschaffene zusätzliche Reineinkommen verkörpert. 2. (Differentialrente I) über das System der staatlichen Erfassung, weil die Erfassungspreise entsprechend den Produktionsbedingungen in den einzelnen Gebieten festgelegt werden. 3. (Differentialrente I und II) zu einem bestimmten Teil über die Einkommensteuer der Kollektivwirtschaften, weil die Höhe der Steuer von der Höhe des Einkommens abhängt.

6. Die Entwicklung der Staatsgüter.

Ihrer sozialökonomischen Natur nach stellen die Staatsgüter die höchste Organisationsform in der sozialistischen Landwirtschaft dar. Ihre sämtlichen Produktionsmittel sind ebenso wie ihre Erzeugnisse Volkseigentum. Als landwirtschaftliche Großbetriebe haben die Staatsgüter die Möglichkeit, in höchstem Grade die moderne landwirtschaftliche Technik auszunutzen, die rationelle Arbeitsteilung anzuwenden und bei den Aufwendungen für Wirtschaftsgebäude, Ausrüstung usw. Sparsamkeit zu üben. Die Größe der Staatsgüter wird von der Produktionsrichtung, von den ökonomischen und natürlichen Bedingungen der Gebiete, in denen sie gelegen sind, vom erreichten Stand der Technik sowie von der Notwendigkeit bestimmt, jeden Hektar Land allseitig und produktiv zu nutzen.

Staatsgüter sind mit der neuesten landwirtschaftlichen Technik ausgestattet, die es ermöglicht, fast sämtliche Produktionsprozesse zu mechanisieren und so eine hohe Arbeitsproduktivität zu erreichen. Ein weiterer großer Vorzug der Staatsgüter ist, dass ihre Erzeugnisse fast vollständig an den Staat geliefert werden. Schließlich haben die Staatsgüter eine wichtige Vorbildfunktion für die Kollektivwirtschaften und Bauern. In der Periode des allmählichen Übergangs vom Sozialismus zum Kommunismus wächst die Bedeutung der Staatsgüter für die Versorgung des Landes mit Lebensmitteln.

Welche Produktionsrichtung für ein Staatsgut die zweckmäßigste ist, hängt von den natürlichen und ökonomischen Bedingungen des gegebenen Gebiets ab. Für spezialisierte Staatsgüter bildet ein Zweig den ausschlaggebenden Produktionszweig. Daneben werden auch ergänzende und Nebenzweige wie Gemüsebau, Obstbau, Weinbau, Geflügelzucht und Bienenzucht höchstmöglich entwickelt.

Staatsgüter arbeiten auf Grundlage der wirtschaftlichen Rechnungsführung. Der Stand der Rentabilität eines Staatsgutes wird bestimmt durch die Höhe des Reineinkommens (die Differenz zwischen den Selbstkosten und den Preisen der landwirtschaftlichen Erzeugnisse.)

Die Entwicklung der Produktion der Staatsgüter hängt in bedeutendem Maße von der Festigung der sozialistischen Formen der Arbeitsorganisation und von der konsequenten Verwirklichung des Leistungsprinzips bei der Entlohnung ab.

Das Prinzip der materiellen Interessiertheit der Werktätigen der Staatsgüter an der Steigerung der Hektarerträge, der Produktivität der Viehwirtschaft und der Rentabilität des Betriebs wird durch das System des in Geld ausgezahlten Leistungslohns verwirklicht. Für überplanmäßige Hektarerträge werden Geldprämien gezahlt.

7. Kurze Zusammenfassung

1. Das sozialistische System der Landwirtschaft in Gestalt der Kollektivwirtschaften, der MTS und der Staatsgüter ist die bisher höchste und fortgeschrittenste Form der Organisation der landwirtschaftlichen Produktion. Aufgabe der Landwirtschaft im Sozialismus ist es, die allseitige Befriedigung der Bedürfnisse der Bevölkerung an Lebensmitteln und der Industrie an landwirtschaftlichen Rohstoffen zu sichern.

2. Die MTS, die industrielle materielle Produktionsbasis der kollektivwirtschaftlichen Produktion, sind Stützpunkte für die Anleitung der Kollektivwirtschaften durch den sozialistischen Staat. Hauptaufgabe der MTS ist die Steigerung der Hektarerträge bei allen landwirtschaftlichen Kulturen in den Kollektivwirtschaften, das Wachstum des gesellschaftlichen Viehbestands bei gleichzeitiger Erhöhung der Leistung der Tiere.

3. Das landwirtschaftliche Artel ist zunächst die verbreitetste Form der kollektiven Wirtschaft im Sozialismus. Als sozialistischer Betrieb beruht es auf kollektiver Arbeit. Das Eigentum an Produktionsmitteln ist entweder gesamtgesellschaftlich (Boden und Landtechnik) oder genossenschaftlich (Saatgut, Vieh, Inventar, Kultureinrichtungen).

4. Die vergesellschaftete Wirtschaft der Kollektivwirtschaften ist die Hauptquelle für das Wachstum ihres Reichtums und des Wohlstands der Kollektivbauern. Hier wird das Leistungsprinzip mittels der Arbeitseinheit verwirklicht.

5. Die Staatsgüter sind die größten und höchstmechanisierten landwirtschaftlichen Betriebe, deren Bedeutung bei der Produktion der landwirtschaftlichen Erzeugnisse ständig wächst. Staatsgüter arbeiten auf der Grundlage der wirtschaftlichen Rechnungsführung.