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Handel, Kredit und Geldzirkulation

1. Der kommerzielle Kredit und seine Quelle.
2. Die Zirkulationskosten.
3. Formen des kapitalistischen Handels. Die Warenbörsen.
4. Der Außenhandel.
5. Das Leihkapital.
6. Zins und Unternehmergewinn. Der Zinsfuß und sein tendenzieller Fall.
7. Die Formen des Kredits. Die Banken und ihre Operationen.
8. Die Aktiengesellschaften. Fiktives Kapital.
9. Die Geldzirkulation der kapitalistischen Länder.
10. Kurze Zusammenfassung

1. Der kommerzielle Kredit und seine Quelle.

Handels- und Wucherkapital gingen historisch dem industriellen Kapital voraus. Diese Kapitalarten büßen in der kapitalistischen Produktionsweise ihre frühere selbstständige Rolle ein. Ihre Funktionen beschränken sich darauf, dem industriellen Kapital zu dienen. Das Handelskapital und das zinstragende Kapital unterscheiden sich infolgedessen im Kapitalismus wesentlich von ihren vorkapitalistischen Formen. Damit änderte sich der Charakter des aus dem Handel entspringenden Profits, der nun nicht mehr, wie in den vorkapitalistischen Produktionsweisen, vorzugsweise aus dem nichtäquivalenten Austausch entspringt.

Wie schon gesagt, nimmt das industrielle Kapital in seinem Kreislauf nacheinander drei Formen an: die Geldform, die produktive Form und die Warenform, die sich nach ihren Funktionen unterscheiden. Auf einer gewissen Stufe seiner Entwicklung verselbständigen sich diese Funktionsformen des industriellen Kapitals. Vom industriellen Kapital, das in der Produktion angelegt ist, sondern sich das Handelskapital, das Kapital des Kaufmanns, und das Leihkapital, das Kapital des Bankiers, ab. Innerhalb der Kapitalistenklasse bilden sich drei Gruppen, die an der Aneignung des Mehrwerts teilnehmen; die Industriellen, die Kaufleute und die Bankiers.

Das Handelskapital fungiert in der Zirkulationssphäre, in der kein Mehrwert erzeugt wird. Woraus entspringt aber der Profit des Kaufmanns? Würde der industrielle Kapitalist seine Ware selbst realisieren, müsste er einen Teil seines Kapitals zur Einrichtung von Handelsgebäuden, zur Bezahlung von Kommis und für andere Handelskosten verwenden. Er müsste deshalb das vorgeschossene Kapital vergrößern oder, bei gleicher Höhe des vorgeschossenen Kapitals, den Umfang der Produktion verringern. In dem einen wie im anderen Fall würde sich sein Profit verringern Der Industrielle zieht es daher vor, seine Ware einem Mittelsmann, dem Handelskapitalisten zu verkaufen, der die Ware bis zum Konsumenten weiterleitet. Da die Realisierung der Waren dem Kaufmann überlassen wird, beschleunigt der industrielle Kapitalist den Umschlag seines Kapitals, und die Verkürzung der Umschlagszeit führt zur Erhöhung des Profits. Deshalb kann der Industrielle einen Teil seines Profits mit Vorteil für sich dem Kaufmann abtreten. Der Industrielle verkauft dem Kaufmann die Ware zu einem Preis, der unter ihrem Produktionspreis liegt. Der Handelskapitalist, der die Ware an den Konsumenten zum Produktionspreis verkauft, erzielt dabei einen Profit. Der kommerzielle Profit ist der Teil des Mehrwerts, den der Industrielle dem Kaufmann für die Realisierung seiner Waren abtritt.

Die Arbeit der mit der Realisierung der Waren, d.h. mit der Verwandlung von Waren in Geld und von Geld in Waren beschäftigten Lohnarbeiter schafft weder Wert noch Mehrwert, doch sie ermöglicht dem Handelskapitalisten, sich einen Teil des in der Produktion geschaffenen Mehrwerts anzueignen. „Wie die unbezahlte Arbeit des Arbeiters dem produktiven Kapital direkt Mehrwert, schafft die unbezahlte Arbeit der kommerziellen Lohnarbeiter dem Handelskapital einen Anteil an jenem Mehrwert.“[76] So wie die mit der Warenherstellung beschäftigten Arbeiter von den Industriellen, werden die kommerziellen Lohnarbeiter von den Handelskapitalisten ausgebeutet.

Um eine bestimmte Warenmasse zu realisieren, muss der Kaufmann für eine gewisse Zeit ein Kapital entsprechender Größe vorschießen. Er sucht den höchstmöglichen Profit auf dieses Kapital zu erzielen. Zeigt sich, dass die Rate des kommerziellen Profits niedriger ist als die Durchschnittsprofitrate, wird die Handelstätigkeit unvorteilhaft, und die Kaufleute lenken ihr Kapital in die Industrie, in die Landwirtschaft oder in einen anderen Wirtschaftszweig. Umgekehrt zieht eine hohe Rate des kommerziellen Profits industrielles Kapital in den Handel. Die Konkurrenz unter den Kapitalisten führt dazu, dass das Niveau des kommerziellen Profits von der Durchschnittsprofitrate bestimmt wird, wobei der Durchschnittsprofit auf das gesamte Kapital einschließlich des in der Zirkulationssphäre fungierenden bezogen wird.

In der Form des kommerziellen Profits ist die wirkliche Quelle der Kapitalverwertung noch tiefer versteckt, als in der Form des industriellen Profits. Das Kapital des Kaufmanns nimmt nicht an der Produktion teil. Die Formel für die Bewegung des Handelskapitals ist G-W-G'. Das Stadium des produktiven Kapitals fällt hier weg, die Verbindung mit der Produktion ist nach außen hin unterbrochen. Es entsteht der Anschein, als bilde sich der Profit im Handel selbst als Aufschlag auf den Preis, durch Verkauf der Waren über ihrem Produktionspreis. In Wirklichkeit verhält es sich umgekehrt: Der Industrielle verkauft die Ware an den Kaufmann unter ihrem Produktionspreis und tritt ihm einen Teil seines Profits ab, den der Kaufmann realisiert, indem er die Ware zum Produktionspreis an den Konsumenten verkauft.

Das Handelskapital nimmt nicht nur an der Realisierung des in der Produktion geschaffenen Mehrwerts teil, sondern beutet die Werktätigen als Konsumenten zusätzlich aus. Marx bezeichnete den kapitalistischen Handel als legalisierten Betrug. Um zusätzliche Profite einzuheimsen, treiben die Handelskapitalisten mit allen Mitteln die Preise hoch, betrügen sie die Käufer durch falsches Maß und Gewicht und durch den Verkauf minderwertiger und verfälschter Waren.

Eine weitere Quelle des kommerziellen Profits ist die Ausbeutung der kleinen Warenproduzenten -, Bauern, Handwerker, Dienstleister - mittels z.B. niedriger Preise, Provisionen statt Lohn u.a. durch das Handelskapital

Das alles hat eine verstärkte Verelendung der Werktätigen zur Folge und verschärft die Widersprüche des Kapitalismus.

2. Die Zirkulationskosten.

Die kapitalistische Warenzirkulation erfordert bestimmte Aufwendungen. Diese Aufwendungen, die mit den Prozessen in der Zirkulationssphäre zusammenhängen, sind Zirkulationskosten.

Es sind zwei Arten kapitalistischer Handelskosten zu unterscheiden: 1. die reinen Zirkulationskosten, die unmittelbar mit dem Kauf und Verkauf von Waren zusammenhängen und sich aus den Besonderheiten der kapitalistischen Gesellschaftsordnung ergeben; 2. die Kosten, die durch die Fortsetzung des Produktionsprozesses in der Zirkulationssphäre bedingt sind.

Den überwiegenden und ständig wachsenden Teil der Zirkulationskosten machen im kapitalistischen Handel die reinen Kosten aus. Zu den reinen Zirkulationskosten gehören die Ausgaben, die mit der Verwandlung von Ware in Geld und von Geld in Ware verbunden sind. Hierzu gehören die Aufwendungen, die durch Konkurrenz und Spekulation hervorgerufen werden, die Reklamekosten, der größte Teil der Ausgaben für die Bezahlung der kommerziellen Lohnarbeiter, der Kosten für Buchführung, Korrespondenz, Unterhalt von Handelskontoren, Verkaufsstätten usw. Die reinen Zirkulationskosten setzen der Ware, wie Marx betonte, keinen Wert zu. Sie bilden einen direkten Abzug von der gesamten in der Gesellschaft geschaffenen Wertsumme und werden von den Kapitalisten aus der gesamten durch die Arbeit der Arbeiterklasse produzierten Mehrwertmasse gedeckt. Die Vergrößerung der reinen Zirkulationskosten ist ein Zeichen der wachsenden Verschwendung im Kapitalismus.

Mit der Entwicklung des Kapitalismus und der immer schwieriger werdenden Realisierung der Waren entsteht ein kolossaler, vielgliedriger Handelsapparat. Bevor die Waren zum Verbraucher gelangen, gehen sie durch die Hände eines ganzen Heeres von Kaufleuten, Spekulanten, Zwischenhändlern und Kommissionären.

Zu den Kosten, die mit der Fortsetzung des Produktionsprozesses in der Zirkulationssphäre verbunden sind, gehören die für die Gesellschaft notwendigen und von den Besonderheiten der kapitalistischen Wirtschaft unabhängigen Kosten für die Endbearbeitung, den Transport und die Verpackung der Waren. Jedes Produkt ist erst dann gebrauchsfertig, wenn es sich in den Händen der Konsumenten befindet. Die Kosten für Endbearbeitung, Transport und Verpackung der Waren erhöhen entsprechend den Warenwert. Die dabei verausgabte Arbeit überträgt auf die Ware den Wert der verbrauchten Produktionsmittel und setzt dem Warenwert einen Neuwert zu.

Die Anarchie der kapitalistischen Produktion und die Krisen, der Konkurrenzkampf und die Spekulation sind die Ursachen, weshalb sich gewaltige, übermäßig große Warenvorräte ansammeln und der Warenweg immer länger und verschlungener wird. Dadurch kommt es zu einem riesigen unproduktiven Aufwand. Die kapitalistische Reklame bringt unnütze, kostspielige Warenverpackungen mit sich. Das bedeutet, dass ein immer größerer Teil der Kosten für Transport, Aufbewahrung und Verpackung der Waren sich in reine Zirkulationskosten verwandelt, die den Besonderheiten der kapitalistischen Gesellschaftsordnung entspringen. Die ständige Zunahme der Zirkulationskosten ist ein Zeichen für den immer stärker werdenden Parasitismus in der bürgerlichen Gesellschaft. Die Kosten des kapitalistischen Handels lasten schwer auf den werktätigen Käufern.

3. Formen des kapitalistischen Handels. Die Warenbörsen.

Mit Entwicklung der kapitalistischen Produktion und Zirkulation entwickeln sich auch die Formen des Groß- und des Einzelhandels. Der Großhandel ist der Handel zwischen industriellen und Handelsunternehmen, der Einzelhandel ist der Warenverkauf unmittelbar an die Bevölkerung.

Im Handel findet wie in der Industrie eine Konzentration und Zentralisation des Kapitals statt. Sowohl im Groß- als auch im Einzelhandel werden kleine und mittlere Kapitalisten durch Großkapitalisten verdrängt. Im Einzelhandel vollzieht sich die Konzentration des Kapitals hauptsächlich durch Errichtung großer Handelsketten.

Die Produktion gleichartiger Waren gestattet es den Kaufleuten, nach Warenmustern Großhandel zu treiben. Gleichartige Massenwaren (Baumwolle, Flachs, Eisen- und Buntmetalle, Rohgummi, Getreide, Zucker, Kaffee usw.) werden auf den Warenbörsen nach festgesetzten Typen und Mustern verkauft und gekauft.

Die Warenbörse ist eine besondere Form des Marktes, wo mit gleichartigen Massenwaren gehandelt wird und wo für diese Waren sich Angebot und Nachfrage ganzer Länder, oft des gesamten kapitalistischen Weltmarktes konzentrieren.

Die Waren, die Gegenstand von Börsengeschäften sind, gehen nicht unmittelbar von einer Hand in die andere über. Die Geschäfte werden gewöhnlich auf Termin abgeschlossen. Der Verkäufer verpflichtet sich, dem Käufer eine bestimmte Warenmenge zum festgesetzten Termin zu liefern. So werden zum Beispiel im Frühjahr Geschäfte über die Lieferung von Baumwolle aus der zukünftigen Ernte abgeschlossen, zu einer Zeit also, da die Baumwolle noch gar nicht ausgesät ist. Beim Abschluss eines Börsengeschäftes hofft der Verkäufer, dass zum festgesetzten Termin der Preis für diese Ware niedriger sein wird, so dass ihm die Preisdifferenz zugute kommt, während der Käufer auf eine Preissteigerung hofft. Oft sind auf der Börse die Verkäufer überhaupt nicht im Besitz der von ihnen verkauften Waren, während die Käufer wiederum die gekauften Waren gar nicht brauchen. Die Warenbörsen sind also Ort des spekulativen Handels. Die Spekulanten kaufen und verkaufen das Eigentumsrecht an Waren, zu denen sie keinerlei Beziehung haben. Die Spekulation ist untrennbar mit dem gesamten Charakter des kapitalistischen Handels verbunden, weil dieser Handel nicht dazu dient, die Bedürfnisse der Gesellschaft zu befriedigen, sondern dazu, Profit zu erzielen.

4. Der Außenhandel.

Wie schon erwähnt, war der Übergang zum Kapitalismus mit der Herausbildung des Weltmarktes verknüpft. Lenin wies darauf hin, dass der Kapitalismus nur als Resultat „einer breitentwickelten Warenzirkulation auftritt, die die Grenzen des Staates überschreitet. Darum kann man sich eine kapitalistische Nation nicht ohne Außenhandel vorstellen, und eine solche Nation gibt es auch nicht.“[77]

Mit der Entwicklung der Warenzirkulation, die die Grenzen der nationalen Märkte überschreitet, entfaltet sich der kapitalistische Außenhandel. Die Ausdehnung des Welthandels drückt an sich die Entwicklung der internationalen Arbeitsteilung aus, die auf dem Wachstum der Produktivkräfte beruht. Doch den Kapitalisten dient der Außenhandel als Mittel zur Profitsteigerung. Auf der Jagd nach Profit suchen die Kapitalisten immer neue Absatzmärkte und Rohstoffquellen. Da der Binnenmarkt infolge der Verelendung der Massen beschränkt ist und die inneren Rohstoffquellen von den Großkapitalisten in Besitz genommen sind, verstärkt sich ihr Drang nach Erlangung der Herrschaft auf den Außenmärkten. Damit nimmt auch die Bedeutung des Außenhandels zu.

Der Außenhandel ist eine Quelle zusätzlicher Profite für die Kapitalisten der entwickelteren bürgerlichen Länder, da die Industrieerzeugnisse in den rückständigen Ländern zu relativ hohen Preisen verkauft, die Rohstoffe dieser Länder aber zu niedrigen Preisen aufgekauft werden. Der Außenhandel ist ein Mittel zur ökonomischen Unterjochung rückständiger Länder durch die entwickelten bürgerlichen Länder und zur Ausweitung der Einflusssphären der kapitalistischen Mächte.

So wurde zum Beispiel Indien durch die englische Ostindische Kompanie mehr als 250 Jahre lang (1600-1858) ausgeplündert. Infolge der räuberischen Ausbeutung der einheimischen Bevölkerung durch die Ostindische Kompanie verwandelten sich viele Provinzen Indiens in Einöden. Die Felder wurden nicht bearbeitet, der Boden wurde von Unterholz überwuchert, die Bevölkerung starb aus.

Der Außenhandel besteht aus Export (Warenausfuhr) und Import (Wareneinfuhr). Das Verhältnis zwischen der Preissumme der innerhalb einer bestimmten Zeit, z.B. eines Jahres, ausgeführten Waren und der Preissumme der in der gleichen Zeit eingeführten Waren eines Landes ist seine Handelsbilanz. Wenn die Ausfuhr die Einfuhr übersteigt, ist es eine aktive Handelsbilanz, ist die Einfuhr höher als die Ausfuhr, ist es eine passive Handelsbilanz.

Ein Land, das eine passive Handelsbilanz aufweist, muss das Defizit aus solchen Quellen decken wie Gold- und Devisenvorräte, Einkünfte aus der Warenbeförderung für fremde Länder, Einkünfte aus Kapitalanlagen in anderen Staaten und schließlich Auslandsanleihen.

Die Handelsbilanz zeigt nicht sämtliche Formen der ökonomischen Beziehungen zwischen den Ländern. Die Zahlungsbilanz gibt diese Beziehungen vollständiger wieder. Die Zahlungsbilanz ist das Verhältnis zwischen der Summe aller Zahlungen, die ein Land von anderen Ländern zu erhalten hat, und der Summe aller Zahlungen, die dieses Land anderen Ländern zu leisten hat.

Der Charakter der ökonomischen Verbindungen zwischen den Ländern bestimmt auch die Außenhandelspolitik der kapitalistischen Staaten. In der Epoche des vormonopolistischen Kapitalismus haben sich zwei Haupttypen der Handelspolitik herausgebildet: Die Politik des Freihandels und die Politik des Protektionismus, des Schutzes der einheimischen Industrie hauptsächlich durch Erhebung hoher Zölle auf ausländische Waren.

5. Das Leihkapital.

Wie sich das Warenkapital als Handelskapital absondert, so auch das Geldkapital als Leihkapital. Im Prozess des Kapitalumschlags bildet sich bei dem industriellen Kapitalisten zu bestimmten Zeitpunkten freies Geldkapital, das in seinem Unternehmen keine Verwendung findet. Wenn der Kapitalist z.B. einen Amortisationsfonds für den Ersatz der verschleißenden Teile des fixen Kapitals bildet, entstehen zeitweilig freie Geldbeträge. Diese Beträge werden erst in einigen Jahren zur Anschaffung neuer Einrichtungen und Maschinen benötigt. Wenn der Industrielle die Fertigwaren monatlich verkauft, die Rohstoffe aber einmal in einem halben Jahr einkauft, so verfügt er fünf Monate lang über freies Geld. Das ist brachliegendes Kapital, Kapital, das keinen Profit bringt.

Zu anderen Zeitpunkten braucht der Kapitalist Geld, wenn er z.B. seine fertige Ware noch nicht verkaufen konnte, aber Rohstoffe einkaufen muss. Während so ein Kapitalist zeitweilig einen Überschuss an Geldkapital hat, entsteht bei dem anderen eine Nachfrage nach Geldkapital. Auf der Jagd nach Profit ist der Kapitalist darauf bedacht, dass jedes Teilchen seines Kapitals ihm Gewinn bringt. Der Kapitalist verleiht sein freies Geld, er gibt es anderen Kapitalisten zur zeitweiligen Benutzung.

Leihkapital ist Geldkapital, das sein Eigentümer für eine gewisse Vergütung einem anderen Kapitalisten zeitweilig überlässt. Das besondere Merkmal des Leihkapitals besteht darin, dass es in der Produktion nicht von dem Kapitalisten angewendet wird, dessen Eigentum es ist. Da der industrielle Kapitalist die Möglichkeit hat, Geld zu leihen, ist er der Notwendigkeit enthoben, bedeutende Geldreserven anzuhäufen und diese ggf. längere Zeit brachliegen zu lassen. Der Geldkredit ermöglicht es dem Industriellen, kurzfristig die Produktion zu erweitern, die Zahl der Arbeiter und folglich den angeeigneten Mehrwert zu vergrößern.

Als Vergütung für das zur Verfügung gestellte Geldkapital zahlt der Industrielle dem Eigentümer des Kapitals einen bestimmten Betrag, der Zins genannt wird. Der Zins ist der Teil des Profits, den der industrielle Kapitalist an den verleihenden Kapitalisten für den zur Verfügung gestellten Kredit zahlen muss. Quelle des Zinses ist der Mehrwert. Leihkapital ist zinstragendes Kapital.

Die Bewegung des Leihkapitals stützt sich voll und ganz auf die Bewegung des industriellen Kapitals. Das ausgeliehene Kapital wird in der Produktion, wie jedes Kapital überhaupt, mit dem Zweck angewendet, Mehrwert zu erzielen. Deshalb drückt das Leihkapital vor allem die Produktionsverhältnisse zwischen den Kapitalisten und den von ihnen ausgebeuteten Arbeitern aus. Daneben drückt das Leihkapital unmittelbar die Verhältnisse zwischen zwei Gruppen von Kapitalisten aus, einerseits der Geldkapitalisten, anderseits der fungierenden Kapitalisten (der Industriellen und der Kaufleute).

Die Formel der Bewegung des Leihkapitals ist G-G'. Hier entfällt nicht nur das Stadium des produktiven Kapitals, sondern auch das Stadium des Warenkapitals. Es entsteht der Schein, als ob die Quelle des Einkommens nicht der durch die Ausbeutung der Arbeiter in der Produktionssphäre geschaffene Mehrwert ist, sondern das Geld selbst. Dass das Leihkapital Einkommen in Form des Zinses einbringt, erscheint als eine natürliche Eigenschaft des Geldes – ähnlich der, dass ein Obstbaum Früchte trägt. Hier ist der für kapitalistischen Verhältnisse charakteristische Fetischismus am stärksten ausgeprägt.

Der Eigentümer des Geldkapitals stellt das Kapital zeitweilig dem industriellen Kapitalisten zur Verfügung, der es in der Produktion anwendet, um sich Mehrwert anzueignen. Auf diese Art und Weise trennt sich das Kapitaleigentum von der Anwendung des Kapitals in der Produktion, trennt sich das Kapital als Eigentum vom Kapital als Funktion.

6. Zins und Unternehmergewinn. Der Zinsfuß und sein tendenzieller Fall.

Der industrielle Kapitalist überlässt in Form des Zinses dem Geldkapitalisten einen Teil seines Profits. Der Durchschnittsprofit zerfällt somit in zwei Bestandteile. Der Teil des Durchschnittsprofits, den der industrielle Kapitalist behält, heißt Unternehmergewinn.

Wenn die Form des Zinses den Anschein erweckt, als wäre der Zins eine natürliche Frucht des Kapitaleigentums, so weckt die Form des Unternehmergewinns die Illusion, als wäre dieser Gewinn ein Lohn für die "Arbeit" des fungierenden Kapitalisten, die in der Leitung und Beaufsichtigung der Arbeit der Lohnarbeiter in seinem Unternehmen besteht. In Wirklichkeit hat der Unternehmergewinn, wie der Zins, überhaupt nichts mit der Leitung der Produktion zu tun; er ist ein Teil des von dem Kapitalisten unentgeltlich angeeigneten Mehrwerts.

In welcher Proportion der Durchschnittsprofit in Unternehmergewinn und Zins zerfällt, hängt ab vom Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage für Leihkapital, von der Situation auf dem Kapitalmarkt. Je höher die Nachfrage nach Geldkapital, desto höher ist bei sonst gleichen Bedingungen der Zinsfuß. Der Zinsfuß ist das Verhältnis der Zinssumme zu dem ausgeliehenen Geldkapital. Die maximale Obergrenze des Zinsfußes ist die Durchschnittsprofitrate, da der Zins ein Teil des Profits ist. In der Regel ist der Zinsfuß wesentlich niedriger als die Durchschnittsprofitrate.

Mit der Entwicklung des Kapitalismus zeigt der Zinsfuß eine fallende Tendenz. Die Anpassung der Leitzinsen (des Leitzinsfußes) wird durch die Zentralbanken vorgenommen. Die fallende Tendenz des Zinses rührt von zwei Ursachen her: 1. wirkt das Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate, da die Durchschnittsprofitrate die oberste Schwankungsgrenze des Zinsfußes ist; 2. wächst mit der Entwicklung des Kapitalismus die Gesamtmasse des Leihkapitals schneller als die entsprechende Nachfrage. Eine Ursache für das Anwachsen des Leihkapitals ist die Vergrößerung der Gruppe der Rentiers innerhalb der Bourgeoisie, d.h. jener kapitalistischen Eigentümer von Geldkapital, die nicht als Unternehmer tätig sind. Auch hierin drückt sich der verstärkte Parasitismus in der bürgerlichen Gesellschaft aus. Das Anwachsen des Leihkapitals wird durch die Zentralisierung der freien Geldmittel in Banken und Sparkassen gefördert.

7. Die Formen des Kredits. Die Banken und ihre Operationen.

Der kapitalistische Kredit ist die Bewegungsform des Leihkapitals. Mittels des Kredits verwandelt sich das zeitweilig freie Geldkapital in Leihkapital. Im Kapitalismus gibt es zwei Formen des Kredits: den kommerziellen Kredit und den Bankierkredit.

Der kommerzielle Kredit ist der Kredit, den die fungierenden Kapitalisten (d.h. die Industriellen und Kaufleute) bei der Realisierung der Waren einander gewähren. Der Industrielle, der bestrebt ist, die Umschlagszeit seines in Warenform befindlichen Kapitals zu verkürzen, liefert die Ware einem anderen Industriellen oder einem Großhändler auf Kredit, und der Großhändler verkauft seinerseits die Ware auf Kredit an den Einzelhändler. Die Kapitalisten benutzen den kommerziellen Kredit beim Kauf und Verkauf von Rohstoffen, Brennstoffen, Ausrüstungen, Maschinen sowie von Gebrauchsgegenständen. Der kommerzielle Kredit ist gewöhnlich kurzfristig, seine Laufzeit beträgt nur einige Monate. Das Werkzeug des kommerziellen Kredits ist der Wechsel. Der Wechsel ist ein Schuldschein, auf dem der Schuldner sich verpflichtet, an einem bestimmten Termin die gekaufte Ware zu bezahlen. Am Fälligkeitstermin muss der Käufer, der Aussteller des Wechsels, ihn in bar einlösen. Der kommerzielle Kredit ist also mit einem Warengeschäft verbunden, deshalb ist er die Basis des kapitalistischen Kreditsystems.

Der Bankierkredit ist der Kredit, den die Geldkapitalisten (die Bankiers) den fungierenden Kapitalisten gewähren. Zum Unterschied vom kommerziellen Kredit wird der Bankierkredit nicht aus dem in der Produktion oder der Zirkulation fungierenden Kapital gewährt, sondern aus dem unbeschäftigten oder zeitweilig freien, Anlage suchenden Geldkapital. Bankierkredit gewähren die Banken. Die Bank ist ein kapitalistisches Unternehmen, das mit Geldkapital handelt und als Vermittler zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer auftritt. Die Bank sammelt einerseits die freien, unbeschäftigten Kapitale und Einkommen und stellt anderseits das Geldkapital den fungierenden Kapitalisten, den Industriellen und Kaufleuten, zur Verfügung.

Der überwiegende Teil des der Bank zur Verfügung stehenden Kapitals ist fremdes Eigentum und muss zurückgezahlt werden. Aber jeweils fordert nur ein unbedeutender Teil der Einleger sein Guthaben von der Bank zurück. In den meisten Fällen werden die Abhebungen durch den Zustrom neuer Einlagen aufgewogen und übertroffen. Bei irgendwelchen Erschütterungen, d.h. im Falle einer Krise oder eines Krieges, ändert sich die Lage vollständig. Dann verlangen alle Einleger gleichzeitig die Rückgabe der Einlagen. Unter gewöhnlichen Umständen hingegen braucht die Bank nur eine relativ kleine Geldsumme in ihren Kassen zu halten, um den Personen, die ihre Einlagen zurückfordern, die entsprechenden Beträge auszuzahlen. Der größte Teil der Einlagen wird jedoch von der Bank verliehen.

Die Bankoperationen teilt man ein in Passiv- und Aktivgeschäfte. Passivgeschäfte sind solche, durch die sich die Bank Mittel verschafft. Das wichtigste derartige Geschäft ist die Annahme von Einlagen. Die Einlagen (Depositen) werden zu unterschiedlichen Bedingungen eingezahlt: die einen mit bestimmter Kündigungsfrist, die anderen ohne besondere Kündigungsfrist. Die Sichteinlagen muss die Bank auf Verlangen auszahlen, während die Termineinlagen nur nach einer bestimmten Frist zurückgezahlt werden. Die Termineinlagen sind somit vorteilhafter für die Bank.

Aktivgeschäfte sind solche, bei denen die Bank Geldmittel als Kredit zur Verfügung stellt. Eine dieser Operationen ist der Wechseldiskont. Der Industrielle, der seine Ware auf Kredit verkauft hat, übergibt den Wechsel des Käufers an die Bank, die nach Abzug eines bestimmten Satzes dem Industriellen unverzüglich die Wechselsumme auszahlt. Bei Fälligkeit rechnet der Aussteller des Wechsels nicht mit dem Industriellen, sondern mit der Bank ab. Durch diese Operation verflicht sich der kommerzielle Kredit mit dem Bankierkredit. Ferner gehört zu den Aktivgeschäften der Bank noch die Kreditgewährung gegen verschiedene Sicherung, zum Beispiel gegen Waren, Wertpapiere und Ladescheine. Schließlich investiert die Bank in verschiedenen Unternehmen durch langfristigen Kredit direkt Kapital.

Der Bankier ist also Händler mit Geldkapital. Für die Passivgeschäfte zahlt die Bank Zinsen, für die Aktivgeschäfte bekommt sie Zinsen. Die Bank leiht Geld zu niedrigen Zinsen und verleiht es zu höheren Zinsen. Die Quelle des Profits der Bank ist die Differenz zwischen dem Zins, den die Bank für Kredite fordert, und dem Zins, den sie für die Einlagen zahlt. Aus dieser Differenz deckt die Bank die Kosten, die bei ihren Geschäften entstehen; diese Ausgaben sind reine Zirkulationskosten. Der verbleibende Betrag ist der Profit der Bank. Der Mechanismus der kapitalistischen Konkurrenz gleicht das Niveau dieses Profits elementar dem Durchschnittsprofit auf das Eigenkapital an. Die Arbeit der Bankangestellten schafft weder Wert noch Mehrwert, ermöglicht aber dem Bankier, sich einen Teil des in der Produktion geschaffenen Mehrwerts anzueignen. Die Bankangestellten werden also von den Bankiers ausgebeutet.

Die Banken spielen die Rolle von Verrechnungszentren. Jedes Unternehmen, das über ein Guthaben verfügt oder einen Kredit aufgenommen hat, besitzt bei der Bank ein laufendes Konto. Vom laufenden Konto zahlt die Bank Geld auf Grund einer besonderen Forderung, die Scheck genannt wird. Die Bank hat also die Funktion eines Kassierers für eine Vielzahl von Unternehmen. Dieser Umstand macht es möglich, den bargeldlosen Verrechnungsverkehr stark zu entwickeln. Der Kapitalist A, der seine Ware an den Kapitalisten B verkauft hat, erhält von ihm einen Scheck für die Bank, bei der beide laufende Konten besitzen. Die Bank verrechnet, indem sie den Betrag des Schecks vom laufenden Konto des B auf das Konto des A überträgt. Die Unternehmen haben laufende Konten bei verschiedenen Banken. In den größten Zentren bilden die Banken spezielle Verrechnungsstellen, wo sich die aus vielen Banken einlaufenden Schecks zum großen Teil gegenseitig ausgleichen. Die Scheck- und Wechselzirkulation verringert den Bedarf an Bargeld.

Die Notenbanken haben das Recht, Kreditgeld, Banknoten, herauszugeben (zu emittieren). Eine besondere Rolle spielen die zentralen Notenbanken. In diesen Banken werden die Goldvorräte des Landes konzentriert. Sie haben das Monopolrecht der Banknotenemission. Die Zentralbanken tätigen gewöhnlich keine Operationen mit einzelnen Industriellen oder Kaufleuten, sondern bevorschussen die Kreditbanken, die ihrerseits mit den Unternehmern zu tun haben. Die zentralen Notenbanken sind somit die Banken der Banken.

Da bei den Banken die Kreditoperationen und der Zahlungsverkehr konzentriert sind, helfen sie die Umschlagszeit der Kapitale zu verkürzen und die Kosten der Geldzirkulation zu verringern. Gleichzeitig fördert die Banktätigkeit die Zentralisation des Kapitals, die Verdrängung der kleinen und mittleren Kapitalisten, die verstärkte Ausbeutung der Arbeiter sowie die Ausplünderung der Handwerker und Gewerbetreibenden. Die Hypotheken (Kredite gegen Verpfändung von Immobilien) ruinieren die Bauern, weil die Zinsen den größten Teil ihres Einkommens verschlingen und zum Niedergang der Wirtschaft führen. Die Schulden können oftmals nur durch Ausverkauf des Vermögens und durch Verkauf des Bodens der von den Banken abhängig gewordenen Bauern getilgt werden.

Die Banken, die alle Geldkapitalien der Gesellschaft zusammenfassen und als Kreditvermittler auftreten, sind ein eigentümlicher Apparat der elementaren Verteilung der Ressourcen auf die Wirtschaftszweige. Diese Verteilung geschieht nicht im Interesse der Gesellschaft und richtet sich nicht nach ihren Bedürfnissen, sondern nach den Interessen der Kapitalisten. Der Kredit fördert die Erweiterung der Produktion, doch diese Erweiterung stößt immer wieder auf die engen Schranken der zahlungsfähigen Nachfrage. Der Kredit und die Banken führen zur weiteren Vergesellschaftung der Arbeit, doch der gesellschaftliche Charakter der Produktion gerät in immer stärkeren Konflikt mit der privatkapitalistischen Form der Aneignung. Die Entwicklung des Kredits verschärft somit die Widersprüche der kapitalistischen Produktionsweise und verstärkt ihren anarchischen Charakter.

8. Die Aktiengesellschaften. Fiktives Kapital.

In den modernen kapitalistischen Ländern hat die überwiegende Mehrheit der Großunternehmen die Form von Aktiengesellschaften. Die Aktiengesellschaften entstanden bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts, doch erst in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts fanden sie allgemeine Verbreitung.

Die Aktiengesellschaft ist eine Form des Unternehmens, dessen Kapital sich aus den Beiträgen der Teilhaber zusammensetzt, die, entsprechend dem von jedem eingebrachten Betrag, eine bestimmte Zahl von Aktien besitzen. Die Aktie ist ein Wertpapier, das zur Teilnahme an der Gewinnverteilung des Unternehmens entsprechend dem auf ihm vermerkten Betrag berechtigt.

Das Einkommen, das der Aktienbesitzer bezieht, heißt Dividende. Die Aktien werden zu einem bestimmten Preis verkauft und gekauft, der als ihr Kurs bezeichnet wird.

Der Kapitalist, der Aktien kauft, hätte sein Kapital in einer Bank deponieren und z.B. 5% Zinsen bekommen können. Ihn befriedigt dieses Einkommen aber nicht, und er zieht es vor, Aktien zu kaufen. Das ist zwar mit einem gewissen Risiko verbunden, verheißt ihm aber ein höheres Einkommen. Nehmen wir an, dass ein Aktienkapital von 10 Millionen Dollar sich auf 20000 Aktien zu je 500 Dollar verteilt und dass das Unternehmen einen Gewinn von 1 Million Dollar gebracht hat. Die Aktiengesellschaft, beschließt, von diesem Betrag 250000 Dollar als Rücklage (das heißt als Reservekapital) zu belassen und den Rest von 750000 Dollar als Dividende unter die Aktionäre zu verteilen. In diesem Falle bringt jede Aktie ihrem Besitzer in Form der Dividende ein Einkommen von 37,5 Dollar (750000 Dollar: 20000 Aktien), das macht 7,5%.

Die Aktionäre sind bestrebt, ihre Aktien zu einem Betrag zu verkaufen, der, in einer Bank angelegt, in Gestalt des Zinses das gleiche Einkommen einbringen würde, das sie in Form der Dividende erhalten. Wenn die 500-Dollar-Aktie eine Dividende von 37,5 Dollar einbringt, so werden die Aktionäre versuchen, sie für 750 Dollar zu verkaufen, weil dieser Betrag, in einer Bank deponiert, die 5% Zinsen auf die Einlagen zahlt, seinem Besitzer die gleichen 37,5 Dollar als Zinsen einträgt. Der Aktienkurs hängt ab von der Höhe der Dividende und von der Höhe des Zinsfußes. Der Aktienkurs steigt bei einer höheren Dividende oder bei einem Fallen des Zinsfußes; umgekehrt sinkt er bei einer niedrigeren Dividende oder bei einem Steigen des Zinsfußes.

Die Differenz zwischen dem Preis der bei Gründung einer Aktiengesellschaft ausgegebenen Aktien und dem Kapital, das wirklich in diesem Unternehmen angelegt ist, bildet den Gründergewinn. Der Gründergewinn ist eine der wichtigsten Bereicherungsquellen der großen Kapitalisten.

Wenn das anfangs im Unternehmen angelegte Kapital 10 Millionen Dollar beträgt, die Preissumme der ausgegebenen Aktien dagegen 15 Millionen Dollar, so beläuft sich der Gründergewinn in diesem Fall auf 5 Millionen Dollar.

Durch die Verwandlung eines privaten Unternehmens in eine Aktiengesellschaft erhält das Kapital eine scheinbar doppelte Existenz. Das wirkliche, im Unternehmen angelegte Kapital in Höhe von 10 Millionen Dollar existiert als Fabrikgebäude, Maschinen, Rohstoffe, Lager, Fertigproduktion und schließlich als ein gewisser Geldbetrag in der Kasse des Unternehmens oder auf dem laufenden Konto der Bank. Doch neben diesem realen Kapital erscheinen bei der Gründung der Aktiengesellschaft Wertpapiere, Aktien auf einen Betrag von 15 Millionen Dollar. Die Aktie ist nur eine Widerspiegelung des wirklich existierenden Kapitals des Unternehmens. Doch die Aktien existieren bereits gesondert neben dem Unternehmen; sie werden gekauft und verkauft, die Banken gewähren Kredite gegen Aktien usw.

Formell ist das höchste Organ der Aktiengesellschaft die Hauptversammlung der Aktionäre, die den Vorstand wählt, die Geschäftsführer bestimmt, den Tätigkeitsbericht des Unternehmens entgegennimmt und bestätigt sowie über die wichtigsten geschäftlichen Fragen der Aktiengesellschaft entscheidet. Doch die Stimmenzahl ist in der Hauptversammlung entsprechend dem Betrag der durch ihre Besitzer vertretenen Aktien verteilt. Deshalb befindet sich die Aktiengesellschaft faktisch in den Händen der größten Aktionäre. Da ein gewisser Teil der Aktien unter den kleinen und mittleren Besitzern aufgeteilt ist, die keine Möglichkeit haben, irgendeinen Einfluss auf das Geschehen zu nehmen, brauchen die größten Kapitalisten praktisch noch nicht einmal die Hälfte der Aktien zu besitzen, um die Aktiengesellschaft zu beherrschen. Die Zahl der Aktien, die es ermöglicht, nach Belieben in der Aktiengesellschaft zu schalten und zu walten, trägt die Bezeichnung Aktienkontrollpaket.

Die Aktiengesellschaft ist somit eine Form, in der das große Kapital sich die Mittel der kleinen und mittleren Kapitalisten unterwirft und in seinem Interesse ausnutzt. Durch Ausbreitung der Aktiengesellschaften wird die Zentralisation des Kapitals und die Konzentration der Produktion sehr stark gefördert.

Das Kapital, das in Form von Wertpapieren existiert, die ihren Besitzern Einkommen bringen, heißt fiktives Kapital. Zum fiktiven Kapital gehören Aktien und Obligationen. Die Obligation ist ein von einem Unternehmen oder vom Staat herausgegebener Schuldschein, der seinem Besitzer alljährlich einen festen Zins einbringt.

Die Wertpapiere (Aktien, Obligationen usw.) werden auf den Fondsbörsen gekauft und verkauft. Die Fondsbörse ist der Markt der Wertpapiere. Auf der Börse werden die Kurse laufend registriert, zu denen die Wertpapiere verkauft und gekauft werden; zu diesen Kursen werden Geschäfte mit Wertpapieren auch außerhalb der Börse (zum Beispiel in den Banken) gemacht. Der Kurs der Wertpapiere hängt ab von der Höhe des Zinsfußes und der Höhe des voraussichtlichen Einkommens aus diesen Papieren. Auf der Fondsbörse wird mit Wertpapieren spekuliert. Da alle Vorteile im Spekulationsspiel auf seiten der großen und größten Kapitalisten sind, fördert die Börsenspekulation die Zentralisation des Kapitals

Die Ausbreitung des Kredits und besonders der Aktiengesellschaften verwandelt den Kapitalisten immer mehr in einen Empfänger von Zinsen und Dividenden, während die Leitung der Produktion von Angestellten, den Verwaltern und Direktoren, ausgeübt wird. Auf diese Weise verstärkt sich der parasitäre Charakter des kapitalistischen Eigentums .

9. Die Geldzirkulation der kapitalistischen Länder.

Bereits vor dem Auftreten des Kapitalismus entstanden Metallgeldsysteme, in denen Metall als Geldware auftritt. Die Metallgeldsysteme werden unterteilt in Bimetallsysteme, in denen Wertmaß und Grundlage der Geldzirkulation zwei Metalle, Silber und Gold, sind, und Monometallsysteme, in denen diese Rolle einem der genannten Metalle zufällt. Auf den frühen Entwicklungsstufen des Kapitalismus (16.-18. Jahrhundert) waren die Währungssysteme vieler Länder bimetallistisch. Ende des 19. Jahrhunderts gingen fast alle kapitalistischen Länder zu einem monometallistischen, zum System der Goldgeldzirkulation über. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bestanden noch in China und in Mexiko monometallistische Silberwährungen. Doch auch diese Länder gingen später zur Goldwährung über.

Die Hauptmerkmale des Goldgeldsystems sind: freie Prägung von Goldmünzen, freie Einlösung anderer Geldzeichen in Goldmünzen und freie Goldbewegung zwischen den Ländern. Freie Prägung von Goldmünzen bedeutet, dass Privatpersonen befugt sind, beim Münzhof ihr Gold gegen Münzen einzuwechseln. Die Besitzer von Münzen können gleichzeitig Münzen in Goldbarren verwandeln. So wird eine unmittelbare enge Verbindung zwischen dem Gold als Ware und den Goldmünzen hergestellt. In diesem System wird die in der Zirkulation befindliche Goldmenge elementar den Bedürfnissen der Warenzirkulation angepasst. Wenn sich ein Überschuss an Geld bildet, fällt ein Teil davon aus der Zirkulationssphäre heraus und verwandelt sich in Schatz. Entsteht ein Mangel an Geld, strömt Geld in die Zirkulationssphäre; das Geld verwandelt sich aus Schatz in Zirkulations- und Zahlungsmittel. Für kleinere Umsätze werden im Goldgeldsystem unterwertige Münzen aus billigerem Metall, aus Silber, Kupfer usw. in Umlauf gebracht.

Als Werkzeug internationaler Zahlungen auf Grund von Handels-, Finanz- und Kreditoperationen dient Weltgeld, das Gold. Die Währung eines Landes wird gegen die Währung eines anderen Landes nach einem Wechselkurs ausgetauscht. Der Wechselkurs ist der Preis für die Geldeinheit eines Landes, ausgedrückt in Geldeinheiten anderer Länder.

Die Verrechnungen der Außenhandelsgeschäfte können auch ohne Verwendung von Gold und ausländischer Währung durchgeführt werden. In dem einen Fall kann das durch Clearingverrechnungen, d.h. bei bilateralem Handel durch gegenseitige Aufrechnung der durch Warenlieferungen entstandenen Forderungen und Verbindlichkeiten, geschehen. In anderen Fällen können die Verrechnungen zwischen den Ländern durch die Übermittlung von Wechseln aus dem einen Land in das andere Land ohne Goldübertragung vonstatten gehen.

Mit der Ausweitung der Kreditbeziehungen und der Entwicklung der Funktion des Geldes als Zahlungsmittel entstand und entwickelte sich das Kreditgeld. Wechsel, Banknoten, Schecks begannen, hauptsächlich als Zahlungsmittel zu fungieren. Obwohl der Wechsel kein Geld ist, kann er jedoch, indem er von einem Kapitalisten an den anderen übergeben wird, als Zahlungsmittel dienen.

Die wichtigste Form des Kreditgeldes sind die Banknoten. Banknoten werden von den Banken an Stelle von Wechseln ausgegeben. Das bedeutet, dass der Banknote letzten Endes ein Warengeschäft zugrunde liegt.

Die Banknotenemission ermöglicht, die erweiterte Warenzirkulation mit Zirkulations- und Zahlungsmitteln auszustatten, ohne die Menge des Metallgeldes zu erhöhen. Bei Goldgeldzirkulation können die Banknoten jederzeit gegen Gold und anderes Metallgeld umgetauscht werden. Unter diesen Umständen zirkulieren die Banknoten ähnlich wie Goldmünzen und können sich nicht entwerten, weil sie neben der Kreditsicherung auch eine Metalldeckung besitzen. Mit der Entwicklung des Kapitalismus verringert sich relativ die umlaufende Goldmenge. Das Gold wird immer mehr in Form eines Reservefonds bei den zentralen Notenbanken aufgespeichert. Die kapitalistischen Staaten gingen dazu über, Goldvorräte zu bilden, um ihre Positionen im Außenhandel zu verstärken, um neue Märkte zu erobern und um Kriege vorzubereiten und zu führen. Das Gold wurde in der Zirkulation durch Banknoten und später durch Papiergeld ersetzt. Wenn anfangs die Banknoten in der Regel gegen Gold einlösbar waren, wurden in der Folge nichteinlösbare Banknoten herausgegeben. Damit wurden die Banknoten fast völlig zu Papiergeld. Wie gesagt, das Papiergeld entstand durch die Entwicklung der Funktion des Geldes als Zirkulationsmittel. Das vom Staat herausgegebene Papiergeld mit Zwangskurs ist nicht einlösbar gegen Gold. Es ist Stellvertreter von vollwertigem Metallgeld in seiner Funktion als Zirkulationsmittel.

Mit Beginn des 1. Weltkriegs ging die Mehrheit der kapitalistischen Länder zum System der Papiergeldzirkulation über. Bereits seit der Mitte des 20. Jahrhunderts läuft in keinem Land Goldgeld um. Die herrschenden Klassen der kapitalistischen Staaten benutzen die Emission (die Ausgabe) von nichteinlösbaren Banknoten (Papiergeld) sowie die Geldentwertung als Mittel zusätzlicher Ausbeutung und Ausplünderung der Werktätigen.

Dies tritt besonders krass in der Inflation zutage. Die Inflation ist gekennzeichnet durch einen Überschuss an Papiergeld[78] in den Zirkulationskanälen, durch dessen Entwertung, durch das Steigen der Warenpreise, durch das Sinken des Reallohns der Arbeiter und Angestellten und durch den verstärkten Ruin der Bauern, durch größere kapitalistische Profite und höhere Einkommen der Grundeigentümer. Die bürgerlichen Staaten benutzen die Inflation als Waffe des Wirtschaftskrieges gegen andere Länder und der Eroberung neuer Märkte. Die Inflation bringt den Exporteuren, die im eigenen Lande Waren für abgewertetes Geld mit niedrigem Kurs kaufen und die Waren im Ausland für harte Währung verkaufen, oft zusätzliche Profite. Dabei verursacht jedoch das Wachstum der Inflation Störungen im Wirtschaftsleben und ruft die Empörung der Massen hervor. Das zwingt die bürgerlichen Staaten zu Währungsreformen, um das Währungssystem zu festigen und die Währungen zu stabilisieren.

Die meistverbreitete Art der Währungsreform ist die Abwertung. Die Devaluation (Abwertung) ist die offizielle Herabsetzung des Papiergeldkurses gegenüber der Metallgeldeinheit begleitet von einem Umtausch des alten, wertlos gewordenen Papiergeldes gegen eine kleinere Menge neuen Geldes. So wurde 1924 in Deutschland das alte, entwertete gegen neues, in Goldmark ausgedrücktes Geld zu einem Kurs von 1 Billion Mark für 1 Mark umgetauscht.

Die Währungsreformen werden in den kapitalistischen Ländern auf Kosten der Werktätigen mittels Heraufsetzung der Steuern und Herabsetzung des Arbeitslohnes durchgeführt.

Die Abkopplung der kapitalistischen Leitwährung vom Goldstandard verschärfte die hier genannten Widersprüche.

10. Kurze Zusammenfassung

1. Das Handelskapital dient der Zirkulation des industriellen Kapitals. Der kommerzielle Profit ist der Teil des Mehrwerts, den der Industrielle dem Kaufmann abtritt. Durch die Ausbeutung der im Handel beschäftigten Lohnarbeiter erhält das Handelskapital die Möglichkeit, sich einen Teil des in der Produktion geschaffenen Mehrwerts anzueignen. Das Handelskapital beutet die Arbeiter und die anderen werktätigen Schichten in ihrer Eigenschaft als Käufer von Konsumtionsmitteln aus. Mit der Entwicklung des kapitalistischen Handels wachsen die unproduktiven Aufwendungen in der Zirkulationssphäre. Der Außenhandel dient im Kapitalismus als ein Mittel der ökonomischen Unterjochung der in industrieller Hinsicht weniger entwickelten Länder durch die entwickelten kapitalistischen Industriemächte.

2. Das Leihkapital ist Geldkapital, das sein Eigentümer zeitweilig einem Kapitalisten für eine Vergütung in Form des Zinses zur Verfügung stellt. Der Zins ist ein Teil des Profits des industriellen Kapitalisten, den er dem Eigentümer des Leihkapitals abtritt.

3. Der kapitalistische Kredit ist die Bewegungsform des Leihkapitals. Die Haupttypen des Kredits sind der kommerzielle Kredit und der Bankierkredit. Die Banken konzentrieren in ihren Händen die Geldmittel der Gesellschaft und stellen sie als Geldkapital den fungierenden Kapitalisten, den Industriellen und Kaufleuten, zur Verfügung. Die Entwicklung des Kredits führt zum Wachstum der kapitalistischen Widersprüche. Die Trennung des Kapitaleigentums von der Kapitalanlage in der Produktion enthüllt anschaulich den parasitären Charakter des kapitalistischen Eigentums.

4. Die Aktiengesellschaft ist eine Form des Unternehmens, dessen Kapital sich aus den Beiträgen der Teilhaber zusammensetzt, die entsprechend dem von jedem eingebrachten Betrag eine bestimmte Zahl von Aktien besitzen. In den Aktiengesellschaften unterwirft sich das Großkapital die Mittel der kleinen und mittleren Kapitalisten und nutzt sie in seinem Interesse aus. Die Aktiengesellschaften verstärken die Zentralisation des Kapitals.

5. Mit der Entwicklung des Kredits findet das Kreditgeld oder die von den Banken an Stelle von Wechseln ausgegebene Banknote große Verbreitung. Die herrschenden Klassen der kapitalistischen Gesellschaft benutzen die Papiergeldemission zur verstärkten Ausbeutung der Werktätigen. Mit Hilfe der Inflation werden die Staatsausgaben auf die Volksmassen abgewälzt. Die Währungsreformen werden von den kapitalistischen Staaten auf Kosten der Werktätigen durchgeführt.